Dr. Manndorffs Behandlung spaltet die Experten

Eine Methode einer Berner Ärztin verspricht einen ultraschnellen Opiatentzug unter Narkose. Doch die Wirksamkeit ist in Fachkreisen umstritten.

, 10. November 2023 um 14:11
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Opiatsüchtiger in den USA: Fehlende Langzeitstudien erschweren die Beurteilung der Wirksamkeit des Drogenentzugs unter Narkose. | Bild: Everywhere Project / Screenshot Youtube.
Die Ärztin Patricia Manndorff bietet eine unkonventionelle Methode des Opiatentzuges an, die das Verlangen nach Opioiden innerhalb weniger Stunden lindern soll. Die Patienten werden narkotisiert und erhalten Naltrexon, das die Opioidrezeptoren blockiert. Das Verfahren verspricht einen raschen und schmerzlosen Entzug.
In der Schweiz gibt es laut dem BAG rund 80'000 Schmerzmittelabhängige und 16'000 Opiatabhängige, die sich in einem Substitutionsprogramm befinden.
Allerdings fehlen bisher Langzeitstudien, welche die Wirksamkeit der Methode belegen. Zwar gibt es Beispiele wie jenes von Caroline Egger-Batliner, die durch diese Therapie nach jahrelanger Opiatabhängigkeit befreit wurde, wie das «St.Galler Tagblatt» berichtet. Doch die fehlende Langzeitstudie erschwert die Beurteilung der Wirksamkeit.
Manndorff schätzt Erfolgsraten von 80 bis 90 Prozent bei Schmerzpatienten und 35 bis 45 Prozent bei illegalen Konsumenten, aber diese Zahlen sind bisher unbestätigt.
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Langzeitstudien fehlen

Negative Erfahrungen mit einer ähnlichen Methode in den 1990er Jahren, die zu Todesfällen führte, haben Zweifel an der derzeitigen Praxis genährt. Obwohl die 68-jährige Ärztin auf Verbesserungen bei der Dosierung und Verabreichung des Medikaments hinweist, bleibt die Skepsis in der Forschergemeinde laut der Zeitung bestehen.
Die Behandlungskosten von rund 15'900 Franken werden von der Krankenkasse auch nicht übernommen. Zudem hat das Spital Interlaken wegen Fachkräftemangels die Zusammenarbeit vorerst eingestellt.
Manndorff, ehemalige Chefärztin des Instituts für Anästhesie und Intensivmedizin am dortigen FMI-Spital, will aber weiter für ihre Methode Opiostop kämpfen und plant mit ihrer Stiftung eine retrospektive Studie, um die Wirksamkeit zu belegen.
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