Am Universitätsspital Zürich setzte der Spitalrat im August 2024 eine Kommission ein, die dunkle Stellen in der Klinik für Herzchirurgie zwischen 2016 und 2020 ermitteln soll. Die Leitung übergab er dem ehemaligen
Bundesrichter Niklaus Oberholzer.
Wie jetzt einem
Zwischenbericht zu entnehmen ist, gehören inzwischen zwei bekannte Namen zum Gremium:
- René Prêtre, der von 2001 bis 2012 die Herzchirurgie am Kinderspital Zürich leitete und heute Klinikdirektor für Herz- und Gefässchirurgie am Lausanner Universitätsspital CHUV ist.
- Oliver Peters, der von 2013 bis 2016 Vizedirektor des Bundesamts für Gesundheit war und von 2016 bis 2022 als stellvertretender Generaldirektor des CHUV amtierte. Heute ist er unter anderem Verwaltungsrat der Spitalgruppe Hoch Health Ostschweiz.
Oliver Peters soll vorwiegend den Governance-Teil der Untersuchung betreuen; bei René Prêtre stehen die medizinischen Abklärungen im Zentrum. Hier habe sich gezeigt, dass der Beizug zusätzlicher medizinischer Fachexperten nötig wurde. Deshalb wurde das Untersuchungsgremium mit weiteren Herzchirurgen und einem Biostatistiker ergänzt; deren Namen werden aber nicht genannt.
Schliesslich engagierte Niklaus Oberholzer die Anwaltskanzlei Lexperience für konzeptionelle, organisatorische und administrative Fragen.
Mortalitätsrate, Konflikte, Nebenbeschäftigungen
Die Untersuchung der Kommission – auch «UK 16-20» genannt – konzentriere sich auf zwei Themenblöcke, teilt das USZ weiter mit:
- Einerseits sollen abschliessende Aussagen zur Entwicklung der Mortalitätsrate und damit zur Qualität der medizinischen Behandlung gemacht werden.
- Andererseits geht das Gremium medizinischen wie wirtschaftlichen Aspekten der damals eingesetzten Medical Devices nach.
Der Governance-Teil wird sich mit Fragen der internen Qualitätssicherung befassen, aber auch mit der Einhaltung reglementarischer Bestimmungen, mit Konflikten oder mit Nebenbeschäftigungen.
Im Hintergrund steht, dass seit mittlerweile vier Jahren immer wieder schwerwiegende Vorwürfe auftauchen, welche die Leistungen der USZ-Klinik für Herzchirurgie in den Jahren 2016 bis 2020 in ein kritisches Licht stellen. Berichtet wurde von einer erhöhten Mortalität; der damalige Klinikleiter Francesco Maisano habe sein Amt genutzt, um eigene Devices zu fördern; die Rede war von wissenschaftlicher Unsauberkeit und falschen Berichten; zudem habe in der Klinik eine Kampfkultur mit zwei zerstrittenen Lagern geherrscht.
Untersuchungszeitraum ausgeweitet
Im Sommer 2024 beschloss die Spitalleitung deshalb, jene externe Task Force einzusetzen: Sie soll alle Todesfälle in der USZ-Herzchirurgie im genannten Zeitraum untersuchen. «Wir können die Aufarbeitung der Vorkommnisse in der Herzchirurgie nicht als abgeschlossen betrachten», erklärte Spitalrats-Präsident André Zemp dazu. Es sei dem heutigen USZ-Leitung zwar gelungen, «die Klinik für Herzchirurgie wieder auf eine solide Basis zu stellen.» Aber man müsse auch sicherstellen, dass sich die Ereignisse nicht wiederholen. Und es gehe um Glaubwürdigkeit.
Auslöser war dabei, dass Maisanos Nachfolger als Herzchirurgie-Chef, Paul Vogt, bei einer Gerichtsverhandlung im Frühjahr 2024 die früheren Zustände in der Herzchirurgie als «Desaster» bezeichnet hatte; er deutete an, dass zu viele Todesfälle geschahen und unter den Tisch gewischt worden waren.
Niklaus Oberholzer hat nun seinerseits den Untersuchungszeitraum noch leicht ausgedehnt – auf die Jahre 2015 bis 2021 –, um auch die längerfristige Entwicklung beurteilen zu können. Zusätzlich werden alle Todesfälle und Operationskomplikationen einer nachträglichen Plausibilitätskontrolle unterzogen, ferner Operationen, bei denen bestimmte Medical Devices eingesetzt wurden.
Die Erhebungen sollen im Frühherbst 2025 abgeschlossen sein. Am Ende soll der Öffentlichkeit ein Bericht «in datenschutzrechtlich korrekter Form» vorgestellt werden. In der Zwischenzeit will sich die Spitalleitung mit weiteren Äusserungen zum Fall zurückhalten.