Daniel Koch zurück im BAG? «Theoretisch schon.»

«Mister Corona» würde sich wieder vom BAG anstellen lassen. Und er würde sicher keine alten Leute mehr im Heim einsperren lassen. Das Interview.

, 11. Oktober 2023 um 05:17
image
Daniel Koch (68) wurde 2020 während des Ausbruchs der Pandemie bekannt. Er war damals beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten. | zvg
Daniel Koch war vor gut drei Jahren Covid-19-Delegierter des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Kürzlich sagte er in einem Interview, dass er «wahrscheinlich» auf seinen Posten im BAG zurückgekehrt wäre, wenn man ihn gefragt hätte.
Medinside wollte vom mittlerweile pensionierten Arzt und Beamten wissen:
Würden Sie sich wirklich nochmals vom BAG anstellen lassen?
Ob ich es jetzt noch tun würde, weiss ich nicht. Es ist eine theoretische Frage. Damals wäre ich aber unter gewissen Bedingungen schon zurückgekehrt. Ich habe damals ja auch nicht gekündet, sondern bin pensioniert worden.
Und was würden Sie nun besser machen? Würden Sie die Schulen offenlassen, die Altersheime nicht so strikt abriegeln und die Landesgrenzen nicht schliessen?
Das hätte ich schon damals so gemacht. Aber sehen Sie: Die Schweiz war und ist nicht frei in ihren Entscheiden, sondern unter dem Druck der Nachbarländer. Obwohl wir das wollten, konnten wir die Schulen nicht offenlassen. Denn alle Länder um uns herum hatten die Schulen geschlossen. Wir haben sie aber am schnellsten wieder geöffnet. Auch die Landesgrenzen können wir nicht offenhalten, wenn rundherum alle Länder ihre Grenzen abriegeln. Leider ist es ein irrationaler Reflex, bei Gefahr einfach die Grenzen zu schliessen. Dass das etwas bringen könnte, ist eine Illusion.
«Es war ein grosser Fehler, dass die Impfstoffhersteller die Studien nicht weitergeführt haben.»
Und die Altersheime?
Da hätte der Bund den Kantonen helfen müssen.
Wie helfen?
Er hätte eine klare Linie vorgeben müssen und sagen: Der Entscheid von alten Menschen ist zu respektieren. Dann wären nicht so viele alte Menschen gegen ihren Willen in ihren Heimen eingesperrt worden.
Derzeit haben viele Menschen Angst davor, im Herbst oder Winter wieder Corona zu bekommen. Sie selber fürchten sich nicht vor einer Ansteckung. Und zwar, weil Sie nicht ängstlich sind und weil Sie vom Fach sind. «Auch ein Feuerwehrmann hat nicht Angst, sich die Finger zu verbrennen», sagten Sie in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» Aber was raten Sie nun Menschen, die Angst haben und die nicht vom Fach sind?
Angst ist ein schlechter Ratgeber – und ein grosser Stressfaktor, der auf die Dauer krank macht. Angst darf nicht geschürt, sondern muss genommen werden. Ich rate deshalb: Wenn Sie unsicher sind, besprechen Sie das mit Ihrem Hausarzt oder einer anderen Fachperson, der Sie vertrauen. Oft ist es sinnvoll, sich impfen zu lassen, aber es kann auch unnötig sein.

Der pensionierte «Mister Corona»

Daniel Koch (68) wurde 2020 während des Ausbruchs der Pandemie innert Tagen schweizweit bekannt. Er war damals beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) der Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten. Er wurde zum Covid-19-Delegierten des Bundes. Seit Juni 2020 ist er offiziell pensioniert, betreibt aber eine eigene Beratungsfirma zur Bewältigung von Krisen.
Wie ist das jetzt mit den Masken? Schützen Sie oder schützen Sie nicht?
Selbstverständlich schützen Masken. Und zwar besonders deshalb, weil sie ein starkes Zeichen sind und deshalb das Verhalten beeinflussen, das ist die ausschlaggebend. Man darf aber nicht meinen, dass man mit einer Maske vor einer Ansteckung geschützt ist. Am häufigsten werden Viren in der Familie und am Arbeitsplatz übertragen. Und dort sind die Schutzmöglichkeiten sehr beschränkt.
Sie sagen, man stecke sich über die Hände an, obwohl man heute davon ausgeht, dass man sich über Aerosole in der Luft ansteckt. Was stimmt nun?
Das ist eine theoretische Frage. Denn auch Aerosole lagern sich ab und können Schmierinfektionen verursachen; es macht also keinen grossen Unterschied.
Wie wirksam schätzen Sie die Impfung ein? Der Verdacht, dass Studien von Impfstoffherstellern geschönt worden sein könnten, taucht immer wieder auf. Glauben Sie den Studien zur Wirksamkeit noch?
Ich glaube nicht, dass die Studien bewusst geschönt sind. Das könnten sich die grossen Hersteller kaum leisten. Aber es war ein grosser Fehler, dass sie die Studien nicht weitergeführt haben. Das hat dazu geführt, dass die Wirksamkeit der Impfung massiv überschätzt worden ist. Der erste Schutzeffekt der Impfung war gut und hat zumindest eine Grundimmunität bewirkt, die vor schweren Fällen schützte. Aber niemand hat gemerkt, wie schnell dieser Schutz schwächer wurde.
  • coronavirus
  • BAG
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Frau Bundesrätin: Wäre es nicht besser, wenn Sie die Zahlen erheben würden?»

Warum das BAG keinen Arzneimittelvergleich mit dem Ausland durchführt.

image

Swissmedic und BAG müssen Frauen mehr berücksichtigen

Frauen haben andere Gesundheitsrisiken als Männer. Deshalb müssen Swissmedic und das BAG nun etwas ändern.

image

Programm Digisanté: Katrin Crameri wird Co-Leiterin

Damit übernimmt sie beim BAG auch die Co-Leitung der Abteilung Digitale Transformation.

image

MeineImpfungen.ch: Endlich gibt es die Daten zurück

Ab sofort und bis zum 30. Juni können die Impfdaten heruntergeladen werden.

image

BAG: Neue Leiterin der Abteilung Internationales

Barbara Schedler Fischer folgt im August auf Nora Kronig Romero.

image

Das BAG muss bei der Cybersicherheit nachrüsten

Das Gesetz will, dass das Bundesamt für Gesundheit ein Information Security Management System betreibt. Davon ist die Behörde allerdings noch weit entfernt.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.