«Neue Wege auf der Basis eines erweiterten Verständnisses von Krankheit und Gesundheit» verspricht die Klinik Sokrates für krebskranke Menschen. Doch mit diesen neuen Wegen sind nicht alle Patienten der Klinik einverstanden.
«Indoktrinierung»
Die Wochenzeitung «WOZ» schildert die Erfahrungen einer Frau, die nach einer Krebsbehandlung in diese Klinik zur Kur ging. Sie habe Erholung und Ruhe gesucht. Doch sie habe sich vor allem von Indoktrinierungsversuchen abgrenzen müssen.
Zur Behandlung gehörten «Heilsmeditationen» und ein Vortrag des Pseudowissenschaftlers Robert Betz mit dem Titel «Jede Krankheit hat eine Ursache».
Selber schuld
Was die Patientin besonders störte: Es habe immer mitgeschwungen, «dass man irgendwie selbst schuld sei an seiner Krankheit». So auch beim «Gesundheitstraining». Der Arzt habe Videos des japanischen Esoterikers Masaru Emoto gezeigt.
Der studierte Politikwissenschaftler vertrat die Auffassung, dass Wasser die Einflüsse von Gedanken und Gefühlen aufnehmen und speichern könne. Zu dieser Auffassung gelangte er durch Experimente mit Wasser in Flaschen, die er entweder mit positiven Botschaften wie «Danke» oder negativen Botschaften wie «Krieg» beschriftete und anschließend gefror.
Haarsträubende Eis-Interpretationen
Er behauptete, dass mit positiven Botschaften beschriftetes Wasser stets vollkommene Eiskristalle formte, während Wasser mit negativen Botschaften unvollkommene Kristallformen annehme. Dass die Kristallbildung von der Temperatur abhängig ist, ignorierte er.
Doch der leitende Arzt der Sokrates-Klinik erklärte, dieses Prinzip gelte auch für die Zellen im menschlichen Körper. Diese würden auf diese Weise von Gedanken beeinflusst. Der Arzt sprach auch davon, dass Patienten ihre Krankheiten «machen».
Was die Klinik verschweigt
Solche Theorien stossen bei einigen Patienten auf grosse Ablehnung. Sie erhoffen sich Erholung und werden oft von der Lage der Klinik am See angelockt. Von den pseudowissenschaftlichen Thesen erfahren sie erst beim Aufenthalt.
Was die meisten Patienten ebenfalls nicht wissen: Die Klinik wurde 2012 von der christlich-esoterischen St. Michaelsvereinigung eröffnet.
Der angekündet Weltuntergang
Die Vereinigung kam Ende der achtziger Jahre in die Schlagzeilen, als es an deren Sitz in Dozwil zu Ausschreitungen kam. Der Gründer Paul Kuhn hatte für den Muttertag 1988 den Weltuntergang und ein Ufo angekündigt, das seine Kirchenmitglieder abholen würde.
Krankenkassen zahlen
Weil die Klinik nicht auf der kantonalen Spitalliste steht, zahlt die Grundversicherung zwar keine Aufenthaltskosten. Doch viele Zusatzversicherungen übernehmen Tagespauschalen. Ambulante ärztliche Leistungen darf die sektennahe Stiftung sogar normal über die Krankenkasse abrechnen.
Bei Krebsliga auf der Liste
Die Klinik wird auch von seriöser Seite beworben. Sowohl der Verband Heilbäder und Kurhäuser Schweiz als auch die Krebsliga Schweiz führen die Klinik als Rehabilitationsort auf.