Was geschieht, wenn Pflegefachleute oder Apotheker die Rezepte selber ausstellen?

Ein Realitäts-Check besagt: Gar nichts. Die Resultate sind gleich, wie wenn die Medikamenten-Verschreibung ausschliesslich bei den Ärzten liegt.

, 7. Dezember 2016 um 07:56
image
  • medikamente
  • apotheken
Eine latente Dauerfrage im heutigen Gesundheitswesen bildet ja die Rollenverteilung zwischen Ärzten, Pflegepersonal und Pharmazeuten: Es gibt einen gewissen Druck, Verantwortlichkeiten des Arztes auf die anderen Berufsgruppen zu verlagern, sei dies als Antwort auf den Ärztemangel, sei dies aus Kostenüberlegungen.
Die nächste Kernfrage, die sich dann daraus ergibt, lautet: Was bedeutet dies für die Sicherheit der Patienten?

Würden Apotheker etwa anders verschreiben?

Ein grosser Literaturüberblick, publiziert im Rahmen des Cochrane-Systems, erfasste nun die vorhandenen Studien zum Thema. Denn man kann in diesem Fall ja den Realitätscheck machen: In vielen Ländern oder Regionen ist es üblich, dass die Rezepte nicht ausschliesslich von Ärzten, sondern teils auch von anderen Gesundheits-Fachleuten ausgestellt werden.
Die beteiligten Forscher aus Australien und Schottland gingen also diesen Fällen nach und fragten: Führt es zu anderen Resultaten? Verschreiben Apotheker etwa anders als Ärzte?


Das Team um Greg Weeks von der Monash University fand 46 Studien, welche das Verschreibungs-Verhalten dieser Gesundheitsberufe erfassten. Vier stammten aus ärmeren Ländern (Kolumbien, Südafrika, Uganda und Thailand), die restlichen bezogen sich auf Industriestaaten der westlichen Welt. Wobei etwas mehr als die Hälfte die Verschreibungen durch das Pflegepersonal thematisierten (26 Studien), während die anderen 20 Arbeiten auf die Apotheker fokussierten; die nicht-ärztlichen Fachleute arbeiteten teils auf Gemeindeebene, teils in Spitälern, Heimen oder in Betrieben. Im Zentrum der meisten Erhebungen standen chronische Krankheiten.

Die gleiche Adhärenz, die gleiche Zufriedenheit

Das Fazit: Die einen verschrieben offenbar wie die anderen. Oder genauer: Die Ergebnisse waren vergleichbar. Dies galt beim Management von Blutdruck-Problemen, von Diabetes und Cholesterin-Werten, es galt bei der Adhärenz, bei der Patientenzufriedenheit und bei der erfassten Lebensqualität.
Bei all diesen Kriterien besagten die erfassten Daten, dass die Resultate vergleichbar seien. «Die Ergebnisse deuten an», so dann die «Author’s conclusions», «dass die nichtärztlichen Fachpersonen, welche mit hoher Autonomie und unter diversen Rahmenbedingungen Rezepte ausstellen, ebenso effektiv waren wie die gewohnten ärztlichen Verschreiber.»

Mit angemessenem Training klappt es

Eine Einschränkung bringen die Autoren allerdings an – nämlich dass sie nichts sagen können zu den unerwünschten Nebenwirkungen und zum Aspekt der Verschwendung beziehungsweise zur Effizienz: Die greifbaren Studien bieten hier zuwenig Anhaltspunkte.
Dennoch wagen sie eine recht deutliche Aussage: «Mit angemessenem Training und Unterstützung sind Nurses und Apotheker in der Lage, Arzneimittel als Bestandteil der Betreuung diverser Erkrankungen zu verschreiben und dabei vergleichbare gesundheitliche Ergebnisse zu erzielen wie Doktoren.»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Mit einer Karte gegen Apotheken-Taxen

Die Stiftung für Konsumentenschutz macht Druck gegen die Sonderkosten durch so genannte «Medikamenten-Checks» und «Bezugs-Checks».

image

Internationale Ehrung für Schweizer Apotheker

Der Freiburger Michel Buchmann wurde zum Ehrenpräsidenten der International Pharmaceutical Federation ernannt.

image

Häusliche Gewalt: Ausbildung für das Apothekenpersonal

Apotheken wären glaubwürdige Anlaufstellen für die Opfer. Der Kanton Wallis hat daher einen Kurs zum Thema entwickelt. Das Zertifikat wird von Pharmasuisse anerkannt.

image

In Konstanz kriegt man mehr aktuelle Arzneimittel als in Kreuzlingen

Geht es um den Zugang zu neuen, innovativen Medikamenten, so liegt die Schweiz auf Rang 6 in Europa. Bei den Medikamenten gegen seltene Krankheiten liegt sie auf Rang 9.

image

Bundesrat: Fünf Schritte gegen Medikamenten-Engpässe

Unter anderem prüft die Landesregierung befristete Import-Zulassungen, einfachere Bewilligungen oder den Verzicht auf Wirtschaftlichkeits-Prüfungen.

image
Gastbeitrag von Niklaus Meier und Katharina Blankart

Arzneimittelpreise: Das Swiss Drug Pricing Model könnte Klarheit schaffen

Ein neues Modell hilft, für neue Medikamente den angemessenen Preis zu ermitteln – und so den Verhandlungspartnern Orientierung zu bieten. Die Basis: Effizienz und Evidenz.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.