Tarmed: «Da fällt es schwer, nicht zynisch zu werden»

Aufs Njet der Ärzteschaft zum Tarif-Revisionspaket reagieren die Medien verhalten – aber auch verärgert.

, 10. Juni 2016 um 07:30
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«Ärztetarif auf dem Sterbebett», «Ärzte brechen Operation ab», «Nach FMH-Nein zu Ärztetarif droht Scherbenhaufen»: Schon die Titel in den Schweizer Tageszeitungen lassen ahnen, dass man dem Projekt eines gemeinsamen Tarifwerkes für die ambulante Medizin jetzt nur noch wenig Chancen einräumt.
Nach dem Nein der FMH-Ärzte zur Tarvision, gestern veröffentlicht, dominiert in den Reaktionen und Medienkommentaren das Werweissen um die drei naheliegendsten Möglichkeiten: Greift jetzt der Bundesrat durch? Oder gewährt er einen Aufschub – womit die Entwicklung neu angesetzt werden könnte? Oder folgt die Regierung einem Einzelvorschlag?
Auf eine Trend- und Chancen-Aussage wagt sich kein Medium und keine Organisation heraus; insofern scheinen auch die Informationsquellen, die in Bundesbern die Temperatur fühlen könnten, sehr dicht zu halten.

«Diagnose: Reformunfähig»

Wobei vor allem bemerkt werden muss, dass das Thema des Ärztetarifs trotz seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung auch gestern und heute eher magere Resonanz fand. Zu einem Kommentar fand sich nicht einmal die «Neue Zürcher Zeitung» bereit; sie handelte den Paukenschlag der FMH mit einer kleinen Meldung ab. «Ob der Bundesrat das tut oder den Tarifpartnern die Chance gibt, sich doch noch zusammenzuraufen, ist offen», so das unsichere Schluss-Fazit der NZZ (Print).
Am deutlichsten – und härtesten – urteilt die «Berner Zeitung», wo schon der Titel den Tonfall setzt: «Diagnose: Reformunfähig». Redaktor Fabian Schärer sichtet ein Hauptproblem im gegenseitigen Misstrauen von Spezial- und Hausärzten. «Deutlicher kann man die eigene Reformunfähigkeit nicht unter Beweis stellen», so sein Fazit. 

Wer sagt, dass das ausgereift sein muss?

Vor allem bedenklich sei, dass fast 90 Prozent der Ärzte eine kostenneutrale Lösung ablehnten, die verhindern sollte, dass die Einführung des Tarifs einen Kostenschub auslöst. Offenbar erachteten die Mediziner einen Kostensprung von 4 Milliarden Franken im Jahr als zumutbar. «Da fällt es schwer, nicht zynisch zu werden.»
Die «Aargauer Zeitung» – die dem Thema die grösste Analyse widmet – bringt die Variante ins Spiel, dass das von Santésuisse und fmCh Tarifunion derzeit ausgetüftelte Paket nun als Plan B durch den Bundesrat gehen könnte. «Deren Direktor, Markus Trutmann, sagt zwar: „Wir werden keine fertige Tarifstruktur einreichen.“», argumentiert die Zeitung: «Niemand hat je gesagt, dass diese besonders ausgereift sein muss.»
Düster schildert man in der AZ, wie in der BZ, am Ende die Aussichten für die Prämienzahler: «Egal, was herauskommt. Absehbar ist einzig, dass sich die Fronten zwischen den „Partnern“ verhärten: Die Ärzteschaft ist uneins, die Versicherer sind gespalten – überhaupt scheint jeder etwas anderes zu wollen. Für Prämienzahler sind das keine guten Aussichten.»
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