Spital trennt sich von Arzt – und tadelt ihn öffentlich

Die Spital Region Oberaargau wirft den Neurologen Andreas Baumann raus. Das Neurozentrum im Spital Langenthal muss gleich mit.

, 14. September 2016 um 15:14
image
Der Vorgang ist einzigartig, irgendwie auch eigenartig. Die Spital Region Oberaargau AG beendet die Zusammenarbeit mit dem Neurologen und Belegarzt Andreas Baumann. Das gab die Betreiberin des Spitals Langenthal per Medienmitteilung bekannt. Dabei erklärte sie den Schritt mit einer «zunehmenden Beeinträchtigung des Arbeits- und Vertrauensverhältnisses» zwischen dem Neurologen und der Spitalleitung. 
Das Verhältnis habe sich in den letzten Jahren verschlechtert, eine konstruktive Zusammenarbeit sei «zunehmend unmöglich» geworden, und eine gemeinsame Basis sei am Ende «aus Sicht des Verwaltungsrats nicht mehr gegeben» gewesen.

«Zweifel an seiner partnerschaftlichen Haltung»

Da gibt es also keine diplomatische Verwedelungen («gegenseitiges Einvernehmen»), keine Nebel-Formulierungen («Differenzen in strategischen Fragen»), nein: Das Communiqué kritisiert sogar en detail, der Arzt habe «mit Äusserungen und mit seinem Verhalten bei Spitalleitung und Verwaltungsrat in zunehmendem Masse Zweifel an seiner partnerschaftlichen Haltung gegenüber der SRO AG aufkommen» lassen.
Zugleich allerdings verdankt derselbe Verwaltungsrat im selben Communiqué die «fachlich fundierte Arbeit zum Wohle der Patientinnen und Patienten», welche Andreas Baumann geleistet hatte. An den medizinischen Leistungen kann es also nicht gelegen haben.

Neurozentrum muss ausziehen

Auch die Zuweiser, Mitarbeiter und anderen Belegärzte bekamen die Mitteilung zugestellt. Spontan mochte man sich die sehr öffentliche Form der Trennung damit erklären, dass Andreas Baumann eine regional recht bekannte Persönlichkeit ist (die «Berner Zeitung» sprach vom «Vorzeigeneurologen»). Er hatte am SRO-Spital in Langenthal seit 2009 das eigene «Neurozentrum Oberaargau» aufgebaut, so dass der Zwist auch mit einem Umzug des ganzen Zentrums verbunden sein wird. Der Mietvertrag für die Räumlichkeiten wurde vom SRO-Verwaltungsrat per Ende März 2017 gekündigt.
Allein, in der «Berner Zeitung» legte SRO-Präsident Werner Meyer nochmals nach und stellte den Gang an die Öffentlichkeit quasi als eine Art Vorwärtsverteidigung dar: Der Neurologe habe «bei Differenzen mit der SRO seine Haltung jeweils mindestens einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, in aller Regel Ärztekreisen.» Also werde er jetzt wohl auch die Kündigung kommentieren …

Es ging wohl ums Geld

Zum Kern des Krachs verwies Meyer auf Verhandlungen, die sich im Gefolge der neuen Tarifsituation 2013 ergeben hatten: Den danach geschlossenen neuen Vertrag habe der Belegarzt zwar unterschrieben, aber wohl «innerlich nie akzeptiert».
Andreas Baumann selber zeigte sich gegenüber dem Radiosender Neo1 «sehr überrascht» über den Vorgang, ohne die Sache weiter zu kommentieren. In einer Mitteilung, die auch Medinside vorliegt, bedauert das Team des Neurozentrums «den überraschenden und in dieser Form unüblichen Gang an die Medien durch die Spital SRO AG.» Die in der Medienmitteilung geäusserten Vorwürfe weise man energisch zurück. Unterzeichnet ist das Schreiben auch von den anderen Ärzten des Zentrums, Adrian Häne und Ulrich W. Buettner.

Tätigkeit wird nahtlos fortgesetzt

«Wir bestätigen die Verschlechterung der Beziehungen mit der operativen Führung des Spitals SRO, Dr. Andreas Kohli», heisst es weiter, «und bedauern den Entscheid des Verwaltungsrates, die bald siebenjährige und medizinisch erfreuliche Zusammenarbeit zu beenden.»
Das Team des Neurozentrums wolle die Kontinuität der neurologischen Betreuung in der ganzen Breite im Oberaargau in unveränderter Qualität sicherstellen. Man werde die Tätigkeit im kommenden Frühjahr nahtlos ausserhalb der Räumlichkeiten des Spitals SRO fortsetzen.
Auf Seiten des Spitals Langenthal heisst es wiederum, die neurologische Abteilung der SRO mit Chefarzt Wieland Hermann und dem Leitenden Arzt Stefan Heinze werde die Versorgung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen weiterhin gewährleisten.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

KSGL: Alexander Penssler wird CEO

Alexander Penssler übernimmt die Leitung des Kantonsspitals Glarus von Stephanie Hackethal. Bislang leitete er die Integrierte Psychiatrie Winterthur – Zürcher Unterland.

image

H+ strukturiert Geschäftsbereich Tarife neu

Der Spitalverband H+ trennt die stationären und ambulanten Tarifthemen künftig in zwei Abteilungen. Roger Scherrer übernimmt per 1. Juni 2026 die Leitung des Geschäftsbereichs und wird Mitglied der Geschäftsleitung.

image

Zollikerberg: Chefarztwechsel in der Klinik für Innere Medizin

Ab Juli 2026 übernimmt Gregor Lindner die Klinik für Innere Medizin am Spital Zollikerberg von Ludwig Theodor Heuss, der die Abteilung 18 Jahre lang geleitet hat.

image

KSA: Neuer Leitender Arzt in der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie

Riccardo Schweizer wird Leitender Arzt in der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Kantonsspital Aarau – mit Schwerpunkt auf rekonstruktiver Brust- und Lymphchirurgie.

image

Spital Thusis: Neuer Chefarzt für Chirurgie und Orthopädie

Christian Schrofer übernimmt die Leitung der Chirurgie und Orthopädie am Spital Thusis und führt die bislang getrennten Abteilungen künftig gemeinsam.

image

Strategische Neuausrichtung: LUKS besetzt Schlüsselpositionen

Rebekka Hatzung, derzeit CEO des Claraspitals Basel, übernimmt bei der Luzerner Kantonsspital Gruppe die Rolle der Chief Operating Officer und stellvertretenden CEO, Patrick Aepli wird Chief Medical Officer.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.