2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.
Soll man sie empfehlen? Wie man als Mediziner Gesundheits-Apps einsetzen kann
Bei Rauchstopp, Diabetes, Bewegungsmangel oder Übergewicht: Eine neue wissenschaftliche Überblicks-Arbeit zeigt, welche Digital-Helfer nützen – falls überhaupt.
, 29. Dezember 2015 um 05:00Kein Überblick für den normalen Arzt
Lora E. Burke, Jun Ma, Kristen M.J. Azar et. al., «Current Science on Consumer Use of Mobile Health for Cardiovascular Disease Prevention. A Scientific Statement From the American Heart Association», in: «AHA Journals»/Circulation, August 2015.
1. Rauchstopp
- Es gibt Studien, wonach Online-Programme, bei denen die Kunden regelmässig unterstützende SMS oder Mail-Botschaften erhalten, durchaus hilfreich sind – oder genauer: Sie sind mindestens so gut wie Nikotinersatz-Behandlungen. Allerdings scheint die Qualität der Programme recht schwankend. Entsprechende Tests wurden übrigens auch schon von der Universität Bern durchgeführt.
- Dennoch: Auch solche SMS-Programme scheinen nur ein unterstützendes Teil zu sein – kein Allheilmittel.
- Rauchstopp mit Unterstützung durch eine App scheint weniger erfolgreich zu sein. Solche Programme liefern zum Beispiel täglich motivierende Informationen (so die Einsparungen oder die übliche Verbesserung gewisser Gesundheitswerte an einem bestimmten Tag). Die Zahl der Studien ist hier aber noch sehr tief.
2. Gewichtsabnahme
- Effizient sind hier Apps und Tools, deren Pakete Veränderungen im Lebenswandel vorspuren beziehungsweise begleiten: Kalorienzähler, Kalorienkontrolle, verbunden mit einer Steigerung der körperlichen Aktivität verbunden mit Zielsetzungs-Applikationen verbunden mit individualisiertem Feedback (zum Beispiel auch einem Online-Coaching).
- Es gibt relativ klare Daten, wonach die Beteiligung an Online-Gruppen und die Unterstützung durch Nachrichten – etwa mit motivierenden SMS – einen kurzfristigen Gewichtsabbau fördern kann. Dies vor allem, wenn mehrere solcher Mittel gemeinsam zum Einsatz kommen.
- Es gibt einige Indizien, wonach auch eine einzelne Handy-App schon zu positiven Resultaten beitragen könnte. Allerdings ist die Datenlage hier noch zu dünn.
3. Diabetes
- Bei Diabetes helfen Apps üblicherweise beim Monitoring, bei der Registrierung der Blutzuckerwerte und bei der Unterstützung der Medikationsdisziplin (hier ein Überblick der Angebote). Die von der AHA untersuchten Studien deuten eine gewisse Verbesserung durch ihren Einsatz an. In einem Fall etwa eine durchschnittliche Senkung der Hämoglobinwerte um 0,5 Prozent über 6 Monate.
- Entscheidend für den Anwendungserfolg dürften diverse Faktoren sein, etwa die Präzision der Patienten in der Notierung von Daten. Oder die Häufigkeit, mit der die Patienten Nachrichten erhalten.
- Die Frage ist letztlich, wie sehr die Technik hier den Patienten wirklich hilft. Die in den untersuchten Studien einbezogenen Apps waren auf eine sehr intensive Betreuung, Beobachtung und Begleitung durch medizinisches Personal angelegt. Ob sich die leichten Erfolge auch bei einer geringfügigeren Nutzung solcher Diabetes-Apps bestätigen liessen, bleibt offen.
Blutdruck
- Die vorhandenen Studien deuten an, dass gute Apps zu einer durchschnittlichen Senkung des systolischen Blutdrucks um 2 bis 8 mmHG beitragen.
- Auch hier lassen sich nachhaltige Erfolge jedoch nur erzielen, wenn die Verwendung einer App begleitet wird durch andere Unterstützungs-Massnahmen inklusive persönlicher Begleitung durch Arzt oder Pflegepersonal.
Steigerung der körperlichen Aktivität
- Es gibt zwar unüberblickbar viele Fitness-Tracker – aber interessanterweise wurden sie noch kaum einem wissenschaftlichen Test unterzogen. Deshalb lassen sich die Kardiologen von der AHA in ihrem «Scientific Statement» da zu keinen Aussagen herbei.
Artikel teilen
Loading
Comment
In der Schweiz leben die Menschen länger – aber kränker
Bei der Lebenserwartung schneidet die Schweiz gut ab. Aber: Besonders Schweizer Frauen erleben die Zusatzjahre bei schlechter Gesundheit.
Kantonsspital Baden: KI überwacht den Husten
Ein neues Gerät soll helfen, anrollende Infektionswellen zu erkennen – um früher Massnahmen einzuleiten.
In Zürich eröffnet erstes Longevity-Zentrum der Schweiz
Auch an der Universität Zürich und an der ETH wird zu Langlebigkeit geforscht. Krankenkassen sehen sich vor neuen Herausforderungen.
Das Medikament aus dem Kleiderschrank
Empa-Forschende haben Textilfasern entwickelt, die gezielt Heilmittel abgeben können.
Kritik am neuen Prostata-Test
Durchbruch in der Prostatakrebsprävention oder vor allem Marketing? Urologen sehen den neuen Stockholm 3-Test kritisch.
Studie: Unser Gesundheitswesen ist eine CO2-Schleuder
Der Gesundheitssektor verursacht fast 7 Prozent der Schweizer Treibhausgas-Emissionen. Im internationalen Vergleich steht die hiesige Branche nicht allzu sauber da.
Vom gleichen Autor
Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise
Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.
Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung
Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.
Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding
Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.