Zürcher Ärztinnen und Ärzte verdienten immer weniger

Der Zürcher Regierungsrat will die auf dem Mengenwachstum beruhende Kostenentwicklung nicht einfach «einseitig» zulasten der Ärzteschaft regulieren. Er erhöht den Taxpunktwert deshalb auf 91 Rappen.

, 4. April 2022 um 11:30
image
Der Zürcher Regierungsrat setzt den Taxpunktwert der frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte von 89 auf 91 Rappen fest – parallel zum Tarif der Spitalambulatorien. Das ist eine Trendumkehr und ein Schritt in die richtige Richtung, wie die Ärztegesellschaft des Kantons Zürich (AGZ) mitteilt. Die AGZ hält «im gegenwärtigen Zeitpunkt» die Erhöhung um 2 Rappen für «angemessen». Der Festsetzungsentscheid gilt rückwirkend ab Anfang 2018.  
Der Zürcher Regierungsrat anerkennt in seinem Entscheid, dass die Zürcher Arztlöhne zu tief sind. So stieg zwischen 2009 und 2014 das durchschnittliche Einkommen der frei praktizierenden Ärzteschaft schweizweit um 2 Prozent. Im Kanton Zürich sank es im gleichen Zeitraum allerdings um 8 Prozent.
Zudem lag das Medianeinkommen der selbständigen Ärzte im Jahr 2019 im Kanton Zürich mit 156 435 Franken bereits um 4 Prozent unter dem Median aller selbständigen Ärzte in der Schweiz, der 162 455 Franken beträgt. Dies zeigen aktuelle offiziellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS). 

Taxpunktwert von 97 auf 89 Rappen gesunken

Der Regierungsrat hat in seinem Entscheid erwähnt, dass die Kostenentwicklung, die auf dem Mengenwachstum beruht, nicht einfach «einseitig» über den Taxpunktwert zulasten der Ärzteschaft reguliert werden könne. Die Zürcher Ärztegesellschaft, die seit Jahren den Mythos der zu hohen Artzlöhne mit Fakten widerlegt, begrüsst dies sehr, auch im Hinblick auf die bevorstehende «Globalbudgetdiskussion».
Die AGZ will den noch nicht rechtskräftigen Festsetzungsentscheid nicht anfechten. Ungewiss ist, ob auch die Versicherer dies akzeptieren, wie der Berufsverband mit rund 6’000 Ärztinnen und Ärzten weiter mitteilt. Die Ärztegesellschaft hofft, dass auch die Krankenkasse den Argumenten des Regierungsrats folgen.
Bei der Einführung des ambulanten Tarifwerks Tarmed im Jahr 2004 lag der Taxpunktwert im Kanton Zürich bei 97 Rappen. Der Wert sank bis auf 89 Rappen, weil dieser an die Menge der erbrachten Arztleistungen gekoppelt war. Dies führte zu einer Senkung, wenn die Erhöhung der Leistungsmenge über einem von den Versicherern tolerierten Bereich lag. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Kanton eröffnet Arztpraxis für Geflüchtete

Der Kanton Glarus organisiert die hausärztliche Betreuung von Flüchtlingen. Eine spezielle Arztpraxis soll die Hausärzte entlasten.

image

«Ich habe die Illusion in die Politik verloren»

Gesundheitsökonom Willy Oggier über Lobbyisten, Mehrfachrollen, Zweiklassenmedizin, Zusatzversicherungen, das Trauerspiel Tardoc und dessen Regisseur Alain Berset.

image

Mitten in Luzern entsteht ein neues Ärztezentrum

In der Stadt Luzern eröffnet bald eine neue Gruppenpraxis, wo künftig mehrere Ärzte in einer Ärztegemeinschaft arbeiten werden.

image

Ein Medizin-Imperium aus dem Supermarkt: Kommt das gut?

Die Migros fügt unermüdlich weitere Bausteine zu ihrem Gesundheitsreich hinzu. Ist die Migros-Medizin ein gutes Rezept für die Schweiz?

image

Frankreichs Hausärzte gehen auf die Strasse

Statt 25 Euro pro Konsultation wollen französische Hausärzte künftig das Doppelte. Sind sie geldgierig oder arbeiten sie zu einem Hungerlohn?

image

Bund prüft weitere Senkung der Labortarife

Nach der Senkung der Laborpreise arbeitet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) weiter an der Neutarifierung.

Vom gleichen Autor

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.