Kriminalität: Preise für gestohlene EPD im Keller

Letztes Jahr galten gestohlene Patientenakten noch als heissteste Ware im Cybercrime. Jetzt nicht mehr. Aber das ist keine gute Nachricht.

, 4. Januar 2017 um 10:13
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Es geht hier um ein Problem, das die Schweiz noch gar nicht richtig erreicht hat – doch langfristig sehr bedrohlich sein wird. Es geht darum, dass elektronische Patientendossiers auf den Cyber-Schwarzmärkten der Welt zu einer sehr attraktiven Ware geworden sind.
Denn sie bieten, etwa im Gegensatz zu Kreditkarten- und Bank-Daten, verlockend vielfältige Möglichkeiten: Oft finden sich dort en passant ohnehin Versicherungs- und Zahlungsdaten. Hinzu kommen Sozialversicherungs-Nummern. Plus Informationen, mit denen man bei Krankenkassen Falschabrechnungen einreichen kann. Und manchmal findet sich auch Stoff für eine kleine Erpressung. 

Von 50 auf 10 in wenigen Monaten

Kein Wunder, avancierte die Gesundheitsbranche in den letzten zwei Jahren global zum am heftigsten attackierten Sektor (mehr dazu hier). Und mit Schwarzmarktnotierungen bis zu 50 US-Dollar pro Personendossier waren die Preise entsprechend hoch. 
Doch im letzten Jahr brachen diese Preise ein – offenbar recht rasch. Dies melden die IT-Sicherheitsfirma TrapX und das Fachorgan «CSO». In den letzten Monaten seien EPDs noch zu Stückpreisen zwischen 1,50 und maximal 10 Dollar angeboten worden.
Ein Grund dafür ist eine Trendverlagerung: Die IT-Kriminellen konzentrierten sich nach einigen erfolgreichen Attacken 2016 etwas stärker auf Erpressungs-Software. Denn bekanntlich gelang es anonymen Tätern nicht nur in den USA, sondern offenbar auch in Deutschland, durch die Blockade der IT-Systeme von Spitälern erkleckliche Epressungs-Summen zu lösen.

«Der Markt ist gesättigt»

Aber es gibt noch einen anderen Grund für den Schwarz-EPD-Preiszerfall: Die Täter waren sehr erfolgreich im letzen Jahr. Nachdem es unter anderem gelungen war, alleine beim Einbruch in den US-Gesundheitskonzern Anthem die Gesundheits-Dossiers von 79 Millionen Menschen zu erlangen, ist der Schwarzmarkt ist voll von Health-Dossiers.
Oder um es ökonomisch zu formulieren: «Der Markt ist gesättigt»: So formulierte es der Kommunikationschef von TrapX, Anthony James.
Oder um es nochmals anders zu sagen: Es gibt in unseren Breitengraden keinen Grund, weniger wachsam zu sein. Im Gegenteil.
  • Zum Report und zur Mitteilung: TrapX, «Health Care Cyber Breach Research Report for 2016», December 2016.
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