KSW: «Vom Herzen her ist man durchaus skeptisch»

Der Direktor des Kantonsspitals Winterthur plädiert für die Umwandlung in eine AG, weil dies letztlich die Chancen beim Personal erhöht. In einem Interview berichtete Rolf Zehnder auch aus seinem Arbeitsalltag.

, 3. Juni 2016 um 09:05
image
  • kantonsspital winterthur
  • zürich
  • spital
Was halten eigentlich die Mitarbeiter davon, dass das Kantonsspital Winterthur eine AG werden soll? Dies ein Themenfeld im Interview, das der «Landbote» mit Spitaldirektor Rolf Zehnder führte.
Zehnder präsentiert sich darin als engagierter Befürworter der Umwandlung (die «Landbote»-Journalisten nennen in gleich einen «AG-Turbo»). Aber der Spitalchef relativiert auch: «Mein Herz schlägt ganz klar für die Idee des öffentlichen Spitals. Öffentlich in dem Sinne, dass wir für alle da sein wollen. Und die medizinische Leistung soll für alle Patienten analog sein. In den aktuellen Strukturen wird das KSW diese Leistung mittel- bis langfristig nicht optimal erbringen können.»

Staatliche Maximen für staatliche Aufgaben

Denkbar sei etwa, dass dereinst eine KSW AG im Rahmen von Kooperationen ihr Aktienkapital mit verschiedenen Spitälern verflechten könnte.
Befragungen zur Haltung der KSW-Angestellten gibt es zwar nicht. Zehnder vermutet aber, dass es vielen Mitarbeitern ähnlich geht wie ihm: «Man versteht, dass das sinnvoll und notwendig ist. Vom Herzen her ist man durchaus skeptisch, weil es heute hervorragend läuft. Man muss sich aber eingestehen, die staatlichen Handlungsmaximen, unter denen das KSW heute operiert, sind für staatliche Aufgaben gemacht, nicht aber für wettbewerbliches Handeln. Im Wettbewerb herrschen andere Regeln. Das Spital ist nun mal, durch die nationale Gesetzgebung gezwungen, ein Unternehmen in einem freien Wettbewerb geworden.»

Personalreglement ist verwaltungsorientiert

Für die Chancen auf dem Personalmarkt sei eine Umwandlung jedenfalls positiv: «Denn das kantonale Korsett ist je länger, desto weniger geeignet, um hervorragendes Spitalpersonal einzustellen. Das kantonale Personalreglement ist sehr verwaltungs- und nicht unternehmensorientiert.»
So konnte das KSW diverse Fachärzte und Spezialisten nur anstellen, weil es heute schon privatrechtliche Verträge machen kann. «Wir riskieren langfristig eine Selektion: Wer hoch innovativ, hoch leistungsfähig ist, will auch einen Arbeitgeber, der leistungswillig und -fähig ist und sich anpassen kann.»

«Cheibe schnäll» Abend

Ein weiteres Thema des «Landbote»-Interviews bietet die Arbeitsrealität des Spitaldirektors – und dessen volle Agenda. Es werde «cheibe schnäll» Abend und Nacht zwischen all den den Gesprächen, die man als Direktor mit Departementsdirektoren und Projektleitern zu führen hat, und zwischen all den Sitzungen mit Partnerspitälern, Architekten oder dem Vorstand des Spitalverbands H+.
Es komme durchaus vor, so Zehnder, dass er bis in alle Nacht hinein arbeitet. «Aber es ist so, dass ich vom Typ her nicht immer hocheffizient arbeite, dafür aber selbstständig entscheide, wenn ich für etwas mehr Zeit brauchen will.»
Andererseits mache er strikte Ferien, wo er auch nicht per Mail erreichbar ist: «Es ist mein Anspruch, dass das KSW so organisiert ist, dass es zwischendurch auch ohne mich läuft.» 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Todesfall vor geschlossener Notaufnahme: Ermittlungen eingestellt

Im Jahr 2020 verstarb eine Person vor der Notaufnahme des Freiburger Spitals in Tafers, die zu war. Doch selbst bei geöffneter Station hätte das medizinische Team die Patientin nicht retten können.

image

Das ist der neue Chefarzt der Berner Herzchirurgie

Alexander Kadner, langjähriger Kaderarzt der Insel Gruppe, wird neuer Chefarzt an der Berner Universitätsklinik für Herzchirurgie.

image

Solothurner Spitäler müssen neuen CEO suchen

Die Solothurner Spitäler stehen vor der Aufgabe, einen neuen CEO zu finden. Martin Häusermann beabsichtigt, im nächsten Jahr von seinem Amt zurückzutreten.

image

Swiss Medical Network: Eigentümer im Visier der Börsenaufsicht

Die Schweizer Börse hat eine Untersuchung gegen die Beteiligungsgesellschaft Aevis Victoria eröffnet, zu der auch die Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network gehört. Es geht um börsenkursrelevante Tatsachen.

image

«Gewalt findet oft unter dem Radar statt»

Eine Umfrage von Medinside zeigt: verbale und körperliche Gewalt in Schweizer Spitälern nimmt weiter zu, Zahlen werden jedoch kaum erfasst.

image

Saanen plant Luxusklinik mit Hausärzten

Neben dem Nobelkurort Gstaad könnte eine Privatklinik mit Spitzenmedizin für Gutbetuchte entstehen. Samt einer Hausarztpraxis für Einheimische.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.