Die Spital-Infektionen müssen drastisch sinken

Der Bund hat eine Strategie gegen die Infektionen in Spitälern und Heimen lanciert. Ziel: 20 bis 50 Prozent weniger Ansteckungen. Wie kann das erreicht werden?

, 6. Juli 2015 um 14:26
image
  • spital
  • bundesamt für gesundheit
  • infektiologie
70'000 Menschen erkranken in Schweizer Spitälern jährlich an Infektionen, zirka 2000 sterben daran: Von diesen Schätzungen geht das Bundesamt für Gesundheit aus. Die Kosten solcher Infektionen werden bei 230 Millionen Franken veranschlagt – pro Jahr.
Die nosokomialen Infektionen betreffen insbesondere die Harn- und die Atemwege, oder sie treten als Wundinfektionen und Blutvergiftungen auf.

Mehr Schutz, weniger Kosten

Das BAG hat nun eine Strategie erarbeitet, mit der landesweit die Spital- und Pflegeheiminfektionen gesenkt werden können. «NOSO», so der Name des Programms, soll den Schutz der Patienten, des Personals und der Bevölkerung verbessern – und obendrein die Gesundheitskosten senken.
Studien belegen, dass sich je nach Infektionsart zwischen 20 und 50 Prozent dieser Infekte verhindern lassen. Und diese Senkung soll in der Schweiz nun erreicht werden.
Strategie NOSO: Zum Informationspaket des Bundesamts für Gesundheit
Mit NOSO will das Bundesamt für Gesundheit dereinst schweizweit einheitlich (und effizient) gegen Spital- und Pflegeheiminfektionen vorgehen. Was heisst das konkret?
Das Strategiepapier des BAG hat vier Handlungsfelder
 festgelegt: Governance, Monitoring, Verhütung und Bekämpfung, Bildung und Forschung. Jedes Handlungsfeld umfasst diverse strategische Ziele und Schlüsselmassnahmen.

Governance:

Hier geht es darum, die besten in der Praxis erprobten Massnahmen als einheitliche und verbindliche Standards und Richtlinien in der Schweiz festzulegen.
Massnahmen sind zum Beispiel:

  • Best-Practice-Standards und Richtlinien erarbeiten und deren Verbindlichkeit festlegen.
  • Ebenen der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit klären.
  • Mindestanforderungen bei den Ressourcen festlegen.
  • Aufbau einer Wissensplattform.

Monitoring:

Hier soll ein nationales System zur Überwachung dieser Infektionen und zu ihren Auswirkungen aufgebaut werden.
Massnahmen sind zum Beispiel:

  • Datenbedarf, Methoden und Standards bestimmen.
  • Daten auswerten, Analysen.
  • Vorgaben für Benchmarking festlegen.
  • Früherkennungs-Systeme fördern.
  • Meldethemen und -fristen festlegen

Verhütung:

Hier sollen Personal, Patienten und Besucher von Spitälern und Pflegeheimen sensibilisiert werden, insbesondere für wichtige Hygienemassnahmen wie Händedesinfektion.
Handlungsmöglichkeiten hier wären etwa:

  • Kommunikationskonzept zur Information der Öffentlichkeit erarbeiten.
  • Interne Lern- und Dialogkultur zum Thema in Spitälern und Pflegeheimen fördern.
  • Sicherheitskriterien als Bedingung für Betriebsbewilligungen etablieren.

Bildung und Forschung:

Hier geht es unter anderem um die Ausbildung des Personals von Spitälern und Pflegeheimen im Bereich Infektionsprävention.
Schlüssel-Massnahmen wären hier etwa:

  • Spezialisten in Infektionsprävention dem Bedarf entsprechend aus-, weiter- und fortbilden.
  • Bedeutung der Infektionsprävention in der Bildung des ärztlichen und pflegerischen Personals stärken.
  • Bildung der Mitarbeitenden im Bereich Infektionsprävention ins Quali- täts-Management integrieren.

Der Strategieentwurf geht in den nächsten Monaten bei den betroffenen Kreisen in die Konsultation. Im Dezember 2015 ist die Verabschiedung durch den Bundesrat geplant, damit im kommenden Jahr die Umsetzung beginnen kann.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Tox Info soll weiterleben – privat finanziert

Der Bundesrat sagt Nein zur Soforthilfe des Giftnotrufs. Vielmehr sollen Chemikalien- und Arzneimittel-Hersteller notfalls verpflichtet werden, das Angebot zu finanzieren.

image

Nicole Ritz neu im Vorstand der ESPID

Nicole Ritz, Chefärztin Pädiatrie am Luks, wurde in den Vorstands der European Society for Paediatric Infectious Diseases (ESPID) gewählt.

image

Sparprogramme reichen nicht: Das Spitaljahr im Check

Kooperationen, weniger Angebote, effizientere Abläufe, Schliessungen, Nullrunden bei den Löhnen: Die öffentlichen Akutspitäler haben viel getan, um die Finanznot zu bekämpfen. Fazit: So geht es trotzdem nicht weiter.

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

BAG-Vizedirektor Thomas Christen tritt zurück

Nach neun Jahren verlässt Thomas Christen das Bundesamt für Gesundheit – Nachfolge wird ausgeschrieben.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.