Basler Uniprofessor: «Man sollte die Fusion verbieten»

Der Gesundheitsökonom Stefan Felder ist für eine Privatisierung der Spitäler beider Basel – aber gegen einen Zusammenschluss. Wie erklärt sich diese unübliche Perspektive?

, 18. August 2016 um 07:35
image
Schliessen sich das Kantonsspital Baselland (KSBL) und das Universitätsspital Basel (USB) wie geplant zusammen, so stehen sie im Wettbewerb besser da – so das Credo, welches von Links bis Rechts viele Anhänger findet in der Nordwestschweiz.
Dem Gesundheitsökonomen Stefan Felder von der Uni Basel macht die Fusion aber grosses Bauchweh, wie er in einem Interview der «bz Basel» sagt. Das Problem sei der Marktanteil: «Wenn die beiden jetzt zusammengehen, sind wir etwa bei 75 Prozent».

Vergleich mit Migros und Coop

Das sei fast, wie wenn Migros und Coop fusionieren würden. «Aus meiner Sicht sollte man die Fusion verbieten», so Felder weiter. Dass eine marktbeherrschende Stellung zuungunsten der Kunden entstehe, sei hier aber nicht einfach zu beweisen. 
  • image

    Stefan Felder

    Professor für Health Economics

    Stefan Felder ist seit 2013 Professor für Health Economics an der Universität Basel. Er studierte in Bern VWL, BWL und Soziologie, wo er auch promovierte und 1995 auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre habilitierte.

Er verstehe grundsätzlich die betriebswirtschaftliche Logik der beiden Kantone. «Aber als Volkswirt muss man feststellen, dass es ungesund ist, wenn durch die Fusion das neue Spital einen Marktanteil von 75 Prozent erhält.» Der Wettbewerb, den man vorher zwischen USB und KSBL hatte, würde laut Felder eingeebnet.

«Überkapazitäten bereinigen»

Der Professor für Gesundheitsökonomie sichtet andererseits auch Vorteile in einer Privatisierung. Zum Beispiel bei der politischen Beeinflussung: «Wenn die Gruppe eine privatrechtliche Form bekäme, wäre sie immuner gegen solche Einflüsse.» Es sei zudem klar, dass es eine Bereinigung der bestehenden Überkapazitäten brauche.
Am Dienstag ist publik geworden, wie eine fusionierte Spitalgruppe aus Kantonsspital Baselland (KSBL) und Universitätsspital Basel (USB) aussehen könnte.

«Man kann auf das Bruderholzspital verzichten»

Stefan Felder äusserte sich auch zur Zukunft des KSBL-Standorts Bruderholz: Da es in der ganzen Region Überkapazitäten gibt, könne man auf das Bruderholzspital verzichten, so der Ökonom: «Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung im Raum Basel wäre nach wie vor gewährleistet.» Und man spare viel Geld für Renovation und Defizite.
Es stelle sich zudem die Frage, ob es überhaupt ein ambulantes Angebot auf dem Bruderholz braucht. Womit Felder also noch weiter ginge als die (bereits sehr umstrittenen) Abbau-Pläne der Projektgruppe von USB und KSBL.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Kanton finanziert Virtual Reality am Kantonsspital Graubünden

Der Kanton Graubünden investiert über 1,8 Millionen Franken in die virtuelle Ausbildung von medizinischem Fachpersonal.

image

«Friendly Work Space» – diese Spitäler tragen neu das Label

Die Gesundheitsförderung Schweiz zeichnet Unternehmen aus, die besonders gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen schaffen.

image

Nach abruptem Abgang: Die Psychiatrie St. Gallen hat wieder eine Direktorin

Steffi Weidt wird im April 2024 Direktorin 'Medizin und Psychologie' der Psychiatrie St. Gallen.

image

Urologie: 44 Spitäler wollten – diese 27 dürfen

In der Hochspezialisierten Medizin (HSM) wurden neue Leistungsaufträge vergeben – diesmal für zwei komplizierte Urologie-Operationen.

image

Männergesundheit: «Vorsorge lohnt sich»

Männer sterben früher als Frauen. Auch, weil sie sich weniger um ihre Gesundheit kümmern, meint Prof. Dr. med. Stephen Wyler, Chefarzt und Klinikleiter Urologie sowie Leiter des Prostata- und Uroonkologischen Zentrums am Kantonsspital Aarau KSA.

image

Dem See-Spital bleibt das neue Medical-Center versagt

Das See-Spital Horgen kapituliert: Es verzichtet auf den geplanten Neubau.

Vom gleichen Autor

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum Medizinstudierende im Studium ihre Empathie verlieren

Im Laufe eines Studiums nimmt offenbar das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten ab. Dies zeigt eine neue Studie.

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.