Ausländische Spezialisten: Facharzt ist nicht gleich Facharzt

Diverse Ärzte aus dem EU-Raum praktizieren in der Schweiz, obschon ihre Ausbildung magerer ist als die der einheimischen Kollegen: Der Waadtländer Ärzteverband zeigt sich nun beunruhigt.

, 19. Dezember 2016 um 11:10
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  • praxis
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Die ausländischen Ärzte in der Schweiz und ihre Anerkennung: Dies war das Schwerpunktthema der jüngsten Ausgabe des «Courrier Medical Vaudois». Im Editorial des Verbandsorgans stellten Philippe Eggimann und Jean-Pierre Randin von der Waadtländer Ärztegesellschaft SVM fest, dass hierzulande inzwischen zwei verschiedene «populations medicales» nebeneinander arbeiten: jene, deren Ausbildung den Standesregeln entsprechen – und jene, die dem Gesetz entsprechen. Es sei an der Zeit, dies aufzugreifen und auch die Bevölkerung zu informieren: «Sinon, il y a tromperie!».

Ein guteuropäischer Kompromiss

Philippe Eggimann, der Präsident der SVM äusserte sich danach in einem grossen Interview auf dem welschen Radio RTS zum Thema. In den letzten Jahren, so berichtete er, häuften sich die Anerkennungs-Anträge von ausländischen Kollegen, die durchaus einen anerkannten Abschluss haben, wo aber das Curriculum und die Ausbildung nicht genau dem Schweizer Niveau entspricht.
Rein rechtlich sei die Ausbildung also nicht «ungenügend»: Die erwähnten Spezialisten haben die notwendigen Titel und Zeugnisse. Aber teils sei es in Europa eben möglich, einen Facharzt-Titel mit einer kürzeren Ausbildung zu holen als in der Schweiz. Dies sei ein Kompromiss, den man im Rahmen der Bilateralen eingegangen sei. 


Zahlen konnte Eggimann im RTS-Interview keine nennen, und er betonte, dass es sich um eine kleine Zahl handle. Tatsache sei jedoch, dass hierzulande Spezialärzte tätig sind, die nicht die Voraussetzungen erfüllen, um von den für sie zuständigen Fachgesellschaften aufgenommen zu werden. Die Anforderungen der FMH beziehungsweise der Ärztegesellschaften sind höher als die des Gesetzes.
Ob dies mit höheren Risiken für die Patienten verbunden sei, wollte Eggimann auf Nachfrage nicht behaupten. Letztlich liesse sich ohnehin wenig tun in der Sache: Da es nicht möglich sei, die helvetischen Standes-Anforderungen auch obligatorisch zu machen, bleibe nur, die Bevölkerung zu informieren. Auf dass die Patienten wissen, dass Spezialist nicht immer gleich Spezialist ist. Sinon, il y a tromperie.
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