Milliardäre schätzen Schweizer Luxus-Reha-Kliniken

Eine britische Zeitung ist beeindruckt vom Schweizer Reha-Angebot: Sie brachte eine Reportage über die teuersten Reha-Kliniken der Welt – sie stehen in Zürich.

, 5. April 2023 um 05:00
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Behandlung in der Kusnacht-Practice. | zvg
«Aus dem Innern der Schweizer Kliniken, wo sich die Superreichen therapieren lassen»: So lautet der Titel einer Reportage in der britischen Zeitung «The Guardian». Der Text gibt einen Einblick in das Angebot von zwei Zürcher Luxus-Reha-Kliniken.

Exklusiv: Die Einzel-Reha

Nach Zürich kommen die Milliardäre für eine besondere Form der Behandlung, die Einzel-Reha. Das heisst: Sie haben nie etwas mit anderen Patienten zu tun. Es gibt weder Gruppentherapien noch Gemeinschaftsräume.
Staunend schreibt die britische Journalistin über die Paracelsus-Recovery-Klinik und die Kusnacht-Practice. Die beiden Kliniken bieten eine konzentrierte Einzeltherapie und absolute Diskretion bei psychischen Problemen wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch.

«Sie sind Entertainer»

Dass deren Zielpublikum nicht Patienten mit einer obligatorischen Grundversicherung sind, stellt die Klinik beim Einstieg auf ihrer Website schon bei der Anrede unmissverständlich fest: «Sie gehören einer ganz besonderen Bevölkerungsgruppe an. Sie können Geschäftsinhaber, Entertainer oder Mitglieder wohlhabender Familien sein.»
Und weiter: Solche Personen könnten nicht einfach in eine traditionelle Reha einchecken, denn sie bräuchten Diskretion «und auch Therapeuten, die die besonderen Herausforderungen ihrer spezifischen Umstände» verstünden.

Therapie für 400'000 Franken

Das stationäre Behandlungsprogramm der Klinik dauert vier Wochen und kostet rund 400'000 Franken. Dafür wohnen die Klienten in ihrem eigenen Haus oder Apartment und haben einen eigenen Fahrer, eine Haushälterin, einen Koch und persönliche therapeutische Betreuung rund um die Uhr durch einen Live-in-Therapeuten, also mit einem Therapeuten, der ständig vor Ort verfügbar ist.
Dazu kommen tägliche Einzelsitzungen bei einem 15- bis 20-köpfigen Team, darunter Psychiater, Ärzte, Krankenpflegepersonal, Yogalehrer, Masseur, Ernährungsberater, Hypnotiseur und Traumatherapeuten.

In Zürich ist sogar Sonne teuer

Die Londoner Journalistin wundert sich nur am Anfang über die Klinik. Dann stellt sie fest: «In Zürich fühlt sich sogar das Sonnenlicht teuer an. Die Lebenshaltungskosten in der Stadt sind die höchsten in der Schweiz und die sechsthöchsten auf der ganzen Welt.»
Die Zürcher Goldküste beschreibt sie als «Strände, an den Kinderfrauen kleine Kinder zum Spielen bringen und Männer in knappen Badehosen schwimmen, bevor sie wahrscheinlich heimgehen, um ihre Wertschriftenbestände zu checken.»

Klinik-Modell wird exportiert

Noch zwei weitere Details über die beiden Kliniken: Paracelsus nimmt nur 30 bis 40 Patienten im Jahr auf. In der Kusnacht Practice beginnen die Kosten für die Behandlung bei 109’000 Franken pro Woche. Kein Wunder ist die Idee der Einzelklienten-Reha bereits mehrfach kopiert worden: Frühere Kusnacht-Mitarbeiter eröffneten ähnliche Kliniken, etwa die Calda-Klinik in Küsnacht.
Dort beginnen die Kosten für eines der stationären Behandlungsprogramme bei 124'000 Franken pro Woche. Das ambulante Behandlungspaket kostet 32'000 Franken. Auch auf Mallorca, in Irland und in London gibt es mittlerweile solche Kliniken nach Zürcher Vorbild. Der Gründer der Londoner Klinik sei begeistert, schreibt die Journalistin.

Gewinn mit dem Elend der Superreichen

«Er erzählte mir, das Unternehmen sei im vergangenen Jahr um 300 Prozent gewachsen. Für 2023 erwartet er einen ähnlichen Anstieg.» Das Elend der Superreichen sei ein Markt wie jeder andere, und es gebe eine Marktlücke. Ausserdem prophezeit er: In den kommenden Jahren werde es «zu einer Menge Fusionen und Übernahmen in diesem Bereich kommen.»
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