Vor einem Jahr hat Medinside die Frage gestellt:
Dürfen Beipackzettel von Medikamenten einen Meter lang sein? Die Antwort der zuständigen Heilmittelbehörde Swissmedic lautete: Ja. Medinside fragte deshalb nach: Könnte man die Hersteller dazu verpflichten, dass die Anwendung eines Medikaments so einfach sein muss, dass diese auf einem kleinen Beipackzettel beschrieben werden kann? Dazu sagt Swissmedic: «Uns sind entsprechende internationale Bestrebungen in diese Richtung bekannt, welche wir beobachten.»
Wie werden die Informationen verständlicher?
In der Tat arbeitet ein Forschungsteam im Saarland daran, die Beipackzettel europäischer Arzneimittel zu kürzen und zu vereinfachen. Das ist dringend nötig. Denn die Packungsbeilagen der am häufigsten verschriebenen Arzneimittel enthalten durchschnittlich 2500 Wörter; jedes zwanzigste ist ein Fremdwort. Unter der Leitung von Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes, arbeitet das Team daran, Beipackzettel verständlicher machen.
Was ist wichtig, was nicht?
Lehrs Ziel ist es, «die für den Patienten relevanten Informationen zu extrahieren und laientauglich aufzubereiten.» Verantwortlich für die Beipackzettel sind die Pharmafirmen. Es gibt aber gesetzliche Vorgaben dazu. Die europäischen Richtlinien schreiben vor, dass der Text lesbar, klar und benutzerfreundlich ist.
Patienten verunsichert
Patientenumfragen und sprachwissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass in vielen Fällen die verwendete Sprache, der Inhalt und das Layout überhaupt nicht patientenfreundlich sind. Dabei sollte der Beipackzettel über die richtige Anwendung des Arzneimittels aufklären, Anwendungsfehler verhindern und damit letztlich auch die Therapiezufriedenheit steigern.
Keine seltenen Nebenwirkungen mehr
Doch offenbar führt besonders die ellenlange und vollständige Auflistung möglicher Nebenwirkungen häufig eher zu einer Verunsicherung der Patienten als zur Aufklärung. Geplant ist deshalb unter anderem, dass die seltenen Nebenwirkungen künftig nicht mehr aufgelistet werden.
Nur noch eine Kurzanleitung
Das Ziel der Wissenschaftler ist es, alles Wichtige auf eine Seite zu bringen - ähnlich der Kurzanleitung für ein Elektrogerät. Sorgen, dass in den Kurzanleitungen nicht mehr alle Informationen zugänglich sind, müssen sich die Patienten aber nicht machen. Sie sollen die vollständige Information künftig über einen QR-Code abrufen können. Die Mediziner arbeiten an einem Prototypen. In der Schweiz sind die Packungsbeilagen derzeit im Internet auf der frei zugänglichen
Arzneimittelinformation abrufbar.
Papierzettel bleibt
Allerdings hält das Team derzeit den Beipackzettel in Papierform noch für unerlässlich. Denn zwei Drittel aller verschriebenen Arzneimittel bekommen Patienten ab 65 Jahren verschrieben, welche möglicherweise noch keine Smartphones nutzen.