«Keine Cannabis-Pilotversuche in bernischen Apotheken»: So wollen drei Parlamentarier verhindern, dass in Berner Apotheken Cannabis-Produkte im Rahmen von Pilotversuchen verkauft «oder sonst wie abgegeben werden».
Bei der Regierung offene Türen eingerannt
Sie begründen ihren Vorstoss damit, dass diese Abgabe nicht mit den Aufgaben einer Apotheke vereinbar sei. Apotheken seien dazu da, die Gesundheit zu fördern und Krankheiten zu verhüten. Das vertrage sich nicht mit dem Abgeben von Betäubungsmitteln, die keinen medizinischen Zweck erfüllten, sondern die Gesundheit gefährden könnten.
Beim Berner Regierungsrat hat dieser Vorstoss offene Türen eingerannt. Auch er lehnt solche Pilotversuche ab. «Die Aufgabe der Apotheken als Leistungserbringer des Gesundheitswesens besteht in der Abgabe von Heilmitteln und nicht in der Abgabe von Suchtmitteln zu deren Konsum», begründet der Regierungsrat seine Haltung.
Apotheke oder Drogenabgabe-Stelle?
Die Pilotversuche sollen, wenn schon, «in dafür geeigneten Einrichtungen stattfinden». Die Regierung denkt dabei an Institutionen, welche bereits Erfahrung mit Betäubungsmittel-Süchtigen haben.
Der Berner Apotheker Silvio Ballinari ist ganz klar anderer Meinung: Er ist überzeugt davon, dass nur Apotheken das nötige Fachwissen und die entsprechende Infrastruktur besitzen, um die kontrollierte Abgabe von Cannabis korrekt durchführen zu können.
Wissenschaft - nicht Genussfreude
Seine Apotheke hat sich für den Pilotversuch, den die Stadt Bern machen will, angemeldet. Er betont: «Es ist ein Riesenunterschied, ob es um die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Studie, oder ob es nur um die Versorgung von genussfreudigen Personen geht.»
Nach der Auswertung des Pilotversuchs müsse darüber diskutiert werden, ob Apotheken weiterhin Cannabis zu Genusszwecken anbieten sollen oder nicht. Er persönlich wäre dagegen.
«Man muss wagen zu wissen»
Sehr wichtig ist für ihn aber der Pilotversuch und eine begleitende Studie dazu. «Angenommen Cannabis würde legalisiert, braucht es vorgängig zwingend diese Studie, damit das Risiko des Konsums richtig beurteilt werden kann», sagt der gegenüber Medinside.
Nur so könnten die Bedingungen für einen kontrollierten Konsum erstellt werden: Etwa der Wirkstoff-Gehalt, die Qualität der Droge, die Aufbewahrungsbedingungen und weitere Faktoren. «Natürlich geht es auch um Fragen der Abgabemodalitäten: Wer darf wieviel und wie oft konsumieren, was sind die Alterslimiten?» Eine solche Studie könnte viel Klarheit schaffen, und dieser dürfe man sich nicht entziehen. «Man muss wagen zu wissen», sagt Silvio Ballinari.
Unbegreifliche Haltung
Deshalb ist für ihn die Haltung des Regierungsrates vollkommen unbegreiflich. «Es geht ja nur mal um die Pilotstudie.» Die Politik habe sogar explizit die Aufgabe, hier für die Gesundheitsprävention Hand zu bieten. Und Ballinari fragt: «Was verspricht sich die Regierung davon, wenn Apotheker vom Staat ausgebildet werden und exakt von diesen wichtigen Aufklärungsaufgaben ferngehalten werden?»
Das sagt der Apothekenverband
Keinerlei Vorbehalte gegen die Pilotstudien mit Cannabis hat der Schweizer Apothekenverband Pharmasuisse. Auf Anfrage von Medinside sagte dessen Mediensprecher Yves Zenger: «Wir begrüssen die vereinfachten Bestimmungen zu Cannabisarzneimitteln. Jeglichen wissenschaftlich begleiteten Pilotstudien zum Genusskonsum steht Pharmasuisse im Grundsatz offen gegenüber.» Pharmasuisse bietet sogar seine Mitarbeit um, um Begleitstudien inhaltlich zu prüfen, damit die Apothekerschaft ihre Rolle als Fachpersonen in der Begleitung und Beratung von Konsumierenden und Suchtkranken vollumfänglich erfüllen könne. Und der Verbandssprecher kündete an: «Werden die Resultate der Pilotstudien bekannt gegeben, wird Pharmasuisse zum Umgang mit Cannabis zu Genusszwecken eine abschliessende Stellungnahme erarbeiten.»