Die Hausärzte im Kanton Bern rebellieren

Eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus dem Emmental und Oberaargau lehnt sich gegen den Ärztemangel auf.

, 1. März 2023 um 16:07
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Ausschnitt aus dem Artikel über die Hausärztin im «Magazin»
«Meine Frau ist Hausärztin.» So beginnt ein Artikel, der kürzlich im «Magazin» des «Tages-Anzeigers» erschienen ist. Dieser Artikel war der Auftakt zu einer sehr speziellen und sehr persönlichen Kampagne gegen den Ärztemangel im Emmental und im Oberaargau.
Der Journalist Ivo Knill beschrieb im Text den Alltag seiner Frau. «Wie viele Stunden hat sie diese Woche gearbeitet? Vielleicht 60? Oder 70? Sie schreibt es nicht auf. Meine Frau führt gemeinsam mit einem Hausarzt und einer Hausärztin eine Gruppenpraxis.»

Zum Beispiel der Tarmed

Und zwar arbeitet sie in der Praxis 15 in Burgdorf. Was Knill schreibt, dürfte in vielen Arztpraxen ebenfalls zu den täglichen Ärgernissen gehören. Etwa das Abrechnungssystem Tarmed. «Es ist geregelt, wie viel Zeit eine Ärztin in Abwesenheit der Patientin verrechnen kann – es sind in drei Monaten dreissig Minuten», schildert der Journalist.
Nicht immer werde diese halbe Stunde erreicht – dann werde sie auch nicht voll verrechnet. «Wird sie überschritten, darf die zusätzlich benötigte Zeit nicht aufgeschrieben werden. Aufwendige Patienten müssen auf Kosten der Praxis betreut werden.» Würden Sie so arbeiten wollen, fragt Knill.

60 Ärztinnen und Ärzte lehnen sich auf

Nachdem der Artikel erschienen war, lancierten 60 Ärztinnen und Ärzte ein Positionspapier mit Forderungen. «Es ist damit zu rechnen, dass der Artikel Rückfragen auslöst und Diskussionen anstösst. Das Positionspapier soll es erlauben, auf allfällige Rückfragen in abgestimmter Weise zu reagieren», begründeten sie das Vorgehen.
Die Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus dem Emmental und Oberaargau will nun erreichen, dass der Gesundheitsdirektor des Kantons Bern «entschiedene Massnahmen zur Verbesserung der medizinischen Grundversorgung anstösst und dazu eine Taskforce bestimmt.» Dabei stellen sie vor allem folgende beiden Forderungen auf:

1. Weniger Notfalldienste

Notfalldienste seien für Hausärzte eine zusätzliche Belastung, die zur Arbeit in der Praxis dazukomme und sie stark beeinträchtige. «Die Dienste verteilen sich auf eine abnehmende Anzahl von Ärztinnen und Ärzten. Sie machen den Beruf uninteressant für Neueinsteigende.»
Die Forderung: Weniger Notfalldienste und mehr Geld für Pikettdienste.

2. Mehr Lohn

Hausärzte würden zu wenig Honorar erhalten. «Der Beruf des Hausarztes ist für Studienabgänger ökonomisch und belastungsmässig eine schlechte Option. Das muss sich ändern», heisst es im Papier.
Die Forderung: Ein neues Tarifsystem und die Erlaubnis, dass Berner Ärzte überall selber Medikamente abgeben dürfen. Bisher ist das im Kanton Bern nur an Orten erlaubt, wo es weniger als zwei Apotheken gibt.
  • Positionspapier zum Ärztemangel.pdf

  • ärzte
  • hausärztemangel
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