Triage-Tool blieb wirkungslos: Aargau beendet den «MedicalGuide»

Die Idee: Wir bieten niederschwellige Ersteinschätzungen per Internet – und entlasten so die Notfallstationen. Das funktionierte nicht. Das Interesse blieb zu gering.

, 28. Juli 2025 um 11:16
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Screenshot: MedicalGuide
«Dieses Angebot wurde Ende März eingestellt und steht nicht mehr öffentlich zur Verfügung»: Das erfährt man, wenn man jetzt den «MedicalGuide» ansteuert. Das digitale Beratungs-Angebot ist eingestellt.
Dabei schien die Idee sehr zukunftsgerichtet. Der «MedicalGuide» wurde vor fünf Jahren aufgeschaltet, um der Bevölkerung im Aargau eine niederschwellige medizinische Ersteinschätzung zu bieten. Ein Hauptziel war, die Notfallstationen und -praxen zu entlasten. Das Web-Angebot lotste die Anwender mit einer Frage-Antwort-Chatbox durch eine Anamnese, um herauszufinden, ob wirklich eine rasche medizinische Konsultation nötig sei.
Lanciert wurde der «MedicalGuide» vom Aargauischen Ärzteverband und vom kantonalen Departement Gesundheit und Soziales.
Doch nun zeigt sich, dass sich die Menschen nicht so einfach von den Notfallstationen abbringen lassen. Wie die «Aargauer Zeitung» herausfand, wurde das Angebot bereits vor Wochen abgeschaltet.

Gut 900'000 Franken vom Kanton

Das Departement Gesundheit und Soziales hatte beschlossen, dass der Kanton das Angebot nicht weiter unterstützen will. «Grund dafür ist der geringe Nutzen der Webapplikation», so Departementssprecher Michel Hassler zur AZ. In der Folge stellte der Ärzteverband das Angebot ein.
Zuletzt hatte es etwa 6000 Zugriffe pro Jahr gegeben (2023). Thomas Ernst, der Präsident des Ärzteverbands, glaubt weiterhin an das Potenzial der Idee: «Eine automatisierte Ersteinschätzung von Patientinnen und Patienten, vor allem mit Bagatellbeschwerden, entlastet das Gesundheitswesen ungemein, ist beliebig skalierbar und sehr kosteneffizient», so Ernst gegenüber der AZ.
Insgesamt hatte der Kanton das Projekt mit gut 900’000 Franken unterstützt – in der Hoffnung, dass daraus «ein wichtiges Beratungs- und Steuerungselement in der Gesundheitsversorgung» entstehe, wie es bei der Lancierung hiess.
Nach fünf Jahren ist aber klar, dass der «MedicalGuide» wegen seiner tiefen Nutzerzahlen kaum eine Wirkung bei den Notfallaufnahmen entfalten konnte.
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