Das beste, was man über Brustscreenings sagen kann, ist wohl: Es bringt fast nichts. Dies die Gröbst-Zusammenfassung einer Studie, welche das BMJ jetzt veröffentlicht hat. Dabei werteten Forscher des International Prevention Research Institute in Lyon sowie der Universität Strathclyde Daten aus den Niederlanden aus.
Denn dort werden den Frauen ab 50 bereits seit 1988 zweijährliche Brustkrebs-Vorsorge-Untersuchungen angeboten – man kann also langfristige Tendenzen erkennen, und dies bei grossen Zahlen.
Doch diese Tendenzen erscheinen enttäuschend. Die Zahlen deuten an, dass durch die Screenings die Sterberate wegen Brustkrebs um maximal 5 Prozent gesenkt werden konnten (0–5 Prozent, so die Aussage); dies in einem Beobachtungszeitraum von 24 Jahren. In der gleichen Phase sank die Mortalität wegen verbesserter Behandlungsmethoden um 28 Prozent.
Ein anderer Vergleichswert: Die Zahl beziehungsweise der Anteil der Überdiagnosen stieg stetig an. Dazu trugen insbesondere die schärfere Sicht bei, welche die digitale Mammografie inzwischen bietet – und die auch Tumore ans Licht bringt, welche klinisch letztlich unbedeutend sind.
Laut den Wissenschaftlern um Philippe Autier können rund ein Drittel der Tumore, die anfangs bei den routinemässigen Screenings entdeckt werden, Überdiagnosen eingestuft werden – das heisst: Sie wären nie entdeckt worden und es hätte für die Frauen auch keine gesundheitlichen Nachteile bedeutet, wenn sie unbehandelt geblieben wären. In den letzten Jahren – ab 2010 – stieg dieser Anteil auf 59 Prozent.
Sukkurs für Swiss Medical Board
Diese Aussagen sind nicht ganz überraschend. Zweifel umgeben die Mammografie-Screenings ja schon seit Jahren. In der Schweiz kam das Swiss Medical Board 2014 – in einem durchaus aufsehenerregenden
Befund – zum Schluss, dass der Nutzen der Untersuchungen keine flächendeckenden Verfahren rechtfertigt. Einige Kantone sind seither
zurückgekrebst, etwa Bern und Solothurn; aber viele Kantone bieten Frauen ab 50 solche Reihentests an, insbesondere in der lateinischen Schweiz.
Das Swiss Medical Board erhält durch die heutige BMJ-Erhebung also weitere Unterstützung. Zuvor hatte schon eine Harvard-Studie, bei der die Daten von über 16 Millionen Amerikanerinnen ausgewertet worden waren, Ähnliches angedeutet: In Gegenden, wo mehr Frauen routinemässig auf Brustkrebs untersucht wurden, entdeckte man zwar auch mehr Fälle. Aber die Mortalität unterschied sich nicht von jener in Counties, wo solche Reihenuntersuchungen nicht angeboten wurden.
Mammografien versus Tast-Untersuchungen
Und eine
norwegische Arbeit hatte schon 2012 das Problem der «Overdiagnosis» ebenfalls in Zahlen erfasst und beschrieben. Konkrete Hinweise bot schliesslich eine
kanadische Studie, welche 90’000 Frauen über eine Periode von 25 Jahren ins Visier genommen hatte, erschienen im Februar 2014: Sie verglich Frauen, welche mittels Mammografien untersucht worden waren, mit anderen Frauen, die ausschliesslich per Tastuntersuchung beobachtet worden waren. Am Ende mussten beide Gruppen gleich häufig wegen Krebs behandelt werden.