Von wegen freie Impftermine! In Bern gibts keine

Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey sagte gestern, dass es immer mehr offene Impftermine gebe. Ausgerechnet im Kanton Bern herrscht aber akute Impfdosen-Knappheit.

, 9. Juni 2021 um 14:20
image
  • kanton bern
  • coronavirus
  • impfung
«Es scheint sich eine Sättigung abzuzeichnen, weil gewisse Termine länger oder sogar ganz offen bleiben.» Das sagte die Berner Kantonsärztin Linda Nartey gestern vor den Medien. Viele Bernerinnen und Berner erstaunt dies: Denn seit Wochen suchen sie in ihrem Kanton nach freien Impfterminen. Diese werden immer nur in geringer Zahl freigegeben. Wer nicht den ganzen Tag den Computer überwacht, hat keine Chance, an eine Impfung zu kommen.

Lange Reisen zur begehrten Impfung

Das führt bei Personen, die sich dringend impfen lassen wollen, mitunter zu regem Impftourismus. Wer die Impfung unbedingt vor den Ferien möchte, reist über 50 Kilometer, um sich zum Beispiel im abgelegenen Riggisberg oder im bernjurassischen Tramelan impfen zu lassen - einfach, weil es dort zufällig gerade ein freies Kontingent gibt.
Wie lässt sich dieser Widerspruch zur Aussage von Linda Nartey erklären? «Der Hinweis von Frau Nartey wurde in ihrer Funktion als Vizepräsidentin der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte gemacht», erklärt Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern.

In Bern wollen sich 70 Prozent impfen lassen

Und er räumt auch gleich ein: «Für den Kanton Bern trifft diese Aussage nicht zu.» Der Grund: Die Impfwilligkeit im Kanton Bern ist sehr hoch. Bereits seien 70 Prozent der impfbaren Bevölkerung zur Impfung angemeldet. «Fast 200'000 Personen warten noch auf einen Impftermin. Daher ist die Nachfrage nach Terminen sehr hoch», erklärt Giebel gegenüber Medinside.
Den Impftourismus unterbinden könne der Kanton nicht. Im Kanton Bern gibt es 10 Impfzentren, rund 300 Hausarztpraxen und 100 Apotheken für Impfungen. «Solange der Impfstoff ein rares Gut ist in der Schweiz, wird es immer Leute geben, die für einen Termin eine Wegstrecke in Kauf nehmen. Das wird sich erst beruhigen, wenn Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind.»

Kommende Woche - vielleicht

Ab wann gibt es im Kanton Bern aber tatsächlich freie Impftermine? Genaue Prognosen kann Giebel nicht machen. «Bei 200'000 wartenden Personen ist die Nachfrage weiterhin sehr hoch und die zur Verfügung stehenden Termine hängen von der Liefermenge ab.» Kommende Woche würden aber wieder eine grössere Anzahl an Terminen zur Buchung freigegeben, kündet Giebel an – und schränkt sogleich ein: «Falls die Impfstofflieferung übers Wochenende eintrifft.»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Massiv weniger Frühgeburten während Corona

Deutsche Daten zeigen verblüffende Abweichungen während der Lockdowns. Das könnte wichtige Einsichten für Neonatologie und den Umgang mit Risikoschwangerschaften eröffnen.

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

«Hört auf mit dem Begriff ‚Long Covid‘»

Natürlich gibt es das Syndrom. Aber laut einer neuen Studie unterscheidet es sich nicht von anderen postviralen Leiden.

image

Studie: Kein Zusammenhang zwischen Covid-Impfung und plötzlichem Tod

Eine Studie widerlegt Befürchtungen, dass es eine Verbindung zwischen Covid-Impfungen und ungeklärten plötzlichen Todesfällen geben könnte.

image

Das Corona-Fazit des Epidemie-Experten

Mehr Daten und weniger Verschwörungstheorien: So die Bilanz des Epidemiologen Marcel Salathé. Er leitete das Covid-19-Forschungsprogramm.

image

Schweiz stellt Weichen für langfristiges Coronavirus-Management

Der Bund stellt seine Antwort auf die langfristigen Herausforderungen von Covid 19 vor.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.