Plastische Chirurgie: Kliniken umgehen Werbeverbot

Schönheitskliniken kennen bei der Werbung für ihre Eingriffe kaum Grenzen; sogar Rabatte und Last-Minute-Termine gibt es. Trotz klarer Regelung schauen die Behörden zu.

, 25. April 2022 um 07:28
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Die Lucerne Clinic verspricht Glücksgefühle. Dafür stehen sogar Last-Minute-Angebote auf dem Programm. Mehr noch: «In den Instagram-Storys wirbt die Klinik operative Eingriffe wie einen Lippenstift oder einen neuen Haarschnitt», gibt die «Sonntagszeitung» zu bedenken. Das Geschäft mit der Schönheit boome; ästhetische Eingriffe seien schon vor Corona sehr beliebt gewesen. Doch nun sei die Nachfrage förmlich explodiert.
Genaue Zahlen gibt es in der Schweiz nicht. Wie der Verband Swiss Plastic Surgery jedoch schätzt, haben sie sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Täglich werden über 340 Schönheitsoperationen vorgenommen, oder  90'000 pro Jahr. Zu den drei führenden Eingriffe gehören Brustvergrösserungen, Fettabsaugen und Augenlider korrigieren.

Zurückhaltung bei der Werbung tabu

Auch die Werbung nehme zu, so die «Sonntagszeitung». Dabei würden die Anbieter von Schönheitseingriffen jegliche Zurückhaltung ablegen, die im Medizinbereich geboten wäre. Sei es auf Plakaten, Instagram oder Facebook: die Werbung für Brustvergrösserungen, Nasenoperationen, Entfernung von Tränensäcken oder Tattoos kenne kaum Grenzen.
Werbung dieser Art verstösst jedoch gegen die Standesregeln in der Branche und Bestimmungen im Medizinalberufegesetz. So dürfen Patientinnen und Patienten nicht aktiv beworben oder durch Rabatte zu einer Operation verleitet werden. 
Bedenklich: Fragen der «Sonntagszeitung» wollte keine der angefragten Kliniken beantworten. Dazu gehören das Zürcher Breast Atelier, die Zürcher Klinik Beauty2Go und die Lucerne Clinic. Letzte gehe gehe mit ihren Rabatten am weitesten, schriebt die Zeitung. 

Expertin spricht von Werbeverbot

Für die Experten sei der Fall klar. Aus rechtlicher Sicht würden strenge Auflagen für Werbung im medizinischen Bereich gelten – man könne gut von Werbeverboten sprechen, wird etwa Franziska Sprecher, Professorin für Gesundheitsrecht der Universität Bern, zitiert.
Auch beim Branchenverband Swiss Aesthetic Surgery sehe man das werberische Auftreten nicht gern – die vier genannten Kliniken seien dort nicht Mitglied. Anders soll es beim Verband Swiss Plastic Surgery (die Lucerne Clinic ist dort Mitglied) klingen. Dies, obschon der Verhaltenskodex des Verbandes solche Werbung eigentlich untersage.

FMH äussert sich kritisch

Die Sache kritischer betrachtet die FMH: Laut ihrer Standesordnung müssen Mitglieder ihre Qualifikationen «in zurückhaltender und unaufdringlicher Weise bekannt geben», hält die «Sonntagszeitung» fest. 
Unzulässig ist Werbung, wenn die Information unsachlich und/oder unwahr ist und das Ansehen des Arztberufes beeinträchtigt. Dass Ärzte mit Empfehlungen in sozialen Medien um Patientinnen werben, erachtet die FMH als heikel. 
Politisch kommen immer wieder schärfere nationale Werbeverbote im Medizinbereich aufs Tapet – bis jetzt allerdings ohne Folgen. 
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