eHealth: Telemediziner verschreiben häufiger Antibiotika

Die Grenzen der Telemedizin: Bei virtuellen Besuchen verschreiben Ärzten ihren Patienten signifikant mehr Antibiotika als ihre Kollegen in der realen Praxis. Dies zeigt eine grosse Studie.

, 23. April 2019 um 07:30
image
  • telemedizin
  • forschung
  • ärzte
  • praxis
  • spital
Trotz den Vorteilen stossen telemedizinische Beratungen auch an ihre Grenzen. Etwa bei der Verschreibung von Antibiotika bei Atemwegsinfektionen. Dies ergibt eine grosse Analyse aus den USA mit Kindern und Teenagern bis zu siebzehn Jahren.
Das Resultat vorweg: Bei über der Hälfte der untersuchten Telemedizin-Konsultationen wurde ein Antibiotikum verordnet. Hingegen verschrieben Ärzte in der Praxis nur bei jedem dritten Besuch Antibiotika. Auf Notfallstationen waren es etwas über 40 Prozent.

Antibiotika nur zur Sicherheit

Insgesamt verglichen die Forscher um Kinderärztin Kristin Ray vom Kinderspital der Universität Pittsburgh über 4'600 Telemedizin-Besuche, 38'400 Notfall-Konsultationen und rund 485'200 Besuche bei Kinder- und Hausärzte.

Kristin N. Ray, Zhuo Shi, Courtney A. Gidengil, Sabrina J. Poon, Lori Uscher-Pines, Ateev Mehrotra. «Antibiotic Prescribing During Pediatric Direct-to-Consumer Telemedicine Visits», in: «Pediatrics».
Als Grund nannten die Studienautoren unter anderem die begrenzten übermittelten Informationen durch eine Audio- oder Videokonferenz. So können Telemediziner einem Kind nicht ins Ohr schauen, einen Rachenabstrich oder Labortests durchführen. Die klinische Unsicherheit bei der Telemedizin könnten Ärzte deshalb dazu veranlassen, Antibiotika nur zur Sicherheit zu verschreiben, schreiben die Forscher.

Telemediziner halten sich weniger an Guidelines

Weiter lieferte die Studie auch Details zum Antibiotika-Management: So hielten sich nur knapp 60 Prozent der Telemediziner an die derzeit geltenden Leitlinien für Antibiotikatherapien, verglichen mit fast 80 Prozent der Praxisärzte und knapp 70 Prozent der Mediziner auf Notfallstationen. Der Unterschied liess sich hauptsächlich auf eine unangemessene Verschreibung bei viraler Atemwegsinfektionen zurückführen.
Atemwegsinfektionen sind häufig diagnostizierte Erkrankungen bei Kindern und auch Erwachsenen. Unnötige Verschreibung von Antibiotika, etwa bei viralen Infektionen, führen nicht nur zu höheren Gesundheitskosten, sondern auch zu potentiellen Nebenwirkungen und zu gefährlichen Resistenzen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

So will ein Landwirt die Tarifpartner entmachten

Die Hausärzte und Hausärztinnen sollen per Gesetzesänderung besser gestellt werden, verlangt eine Motion: Die Tarifpartner seien dazu nicht in der Lage.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Zurück auf die Beine: Stimulation hilft Gelähmten beim Gehen

Ein neues Verfahren aus Lausanne verbindet Rückenmark-Stimulation mit Robotik – um bei Querschnittgelähmten die Muskelkoordination zu verbessern. Das System könnte weltweit in Reha-Kliniken eingesetzt werden.

image

Leberkrebs: Ein weiterer Schritt zur vollständigen Remission?

Eine internationale Studie unter Genfer Leitung zeigt, dass ein genaues Intervall zwischen Immuntherapie und Lebertransplantation die Chancen auf eine vollständige Remission des hepatozellulären Karzinoms maximieren könnte.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.