Bund veröffentlicht unbrauchbare Zahlen zu Impfzertifikaten

Fast 13 Millionen Impfzertifikate sind in der Schweiz im Umlauf. Doch seltsam: Nur knapp 6 Millionen Personen sind geimpft. Die Zertifikate vermehren sich unkontrolliert.

, 9. Februar 2022 um 05:59
image
  • coronavirus
  • bundesamt für gesundheit
Seit Beginn der Impfkampagne gegen das Coronavirus in der Schweiz wurden mehr als doppelt so viele Impfzertifikate ausgestellt, wie eigentlich zu erwarten wären.

Doppelt so viele Zertifikate

In Zahlen: Das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) meldete 12,9 Millionen Impfzertifikate, die - Stand am 7. Februar - ausgestellt worden sind. Bis zum gleichen Datum hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) jedoch nur knapp 6 Millionen Geimpfte registriert. Das heisst: Es gibt etwa doppelt so viele Impfzertifikate wie tatsächlich geimpfte Personen.
Wohlgemerkt: Es geht nur um Impfzertifikate. Die 2,3 Millionen Zertifikate für Genesene und die 14,3 Zertifikate für Negativgetestete sind nicht eingerechnet.

Auslandimpfer und Touristen?

Woher kommt also die riesige Diskrepanz zwischen der Zahl der Impfzertifikate und der Zahl der Geimpften. Darauf angesprochen nennt das BAG folgende Gründe:
Es gebe Personen, die sich im Ausland impfen lassen und anschliessend ein Schweizer Covid-⁠Zertifikat beantragen. Zudem gebe es auch Schweizer Zertifikate für Touristen. Das sind aber verschwindend wenig Fälle. Sie erklären nur gerade 160' 000 zusätzliche Zertifikate.

So viele verlorene Zertifikate?

Also begründet das BAG weiter: Mitgezählt seien auch Zertifikate, die für die gleiche Person neu ausgestellt worden ist – etwa weil das alte verloren gegangen ist. Doch auch mit solchen Ausnahmefällen lässt sich die doppelte Zahl der Zertifikate bei weitem nicht erklären.
Nani Moras, Sprecherin des BAG, nennt deshalb gegenüber Medinside einen ganzen Strauss weiterer Gründe: Seit letztem Oktober gebe es für alle Personen, die eine Auffrischimpfung gemacht haben, ein neues zusätzliches Zertifikat. «Das bisherige Zertifikat wird nicht durch das neue ersetzt, sondern bleibt parallel bestehen und ist auch weiterhin gültig, sofern die Grundimmunisierung nicht älter als 270 Tage ist.»

«Nicht optimal programmiert?»

Zertifikate könnten auch «nachbestellt» werden.  Ausserdem räumt Nani Moras ein, dass möglicherweise «unnötig viele Zertifikate generiert worden seien, weil nicht optimal programmiert wurde.»
Fazit: Die Zahlen die das BIT zu den Zertifikaten liefert, sind völlig unbrauchbar. Trotzdem ist das BAG überhaupt nicht irritiert über diese fehlerhafte Statistik. Es gebe keinen Anlass zu Besorgnis, heisst es aus dem BAG.

Wie viele Zertifikate sind gefälscht?

Im Bundesamt ist man auch überzeugt davon, dass nicht sehr viele gefälschte Zertifikate im Umlauf seien – und das, obwohl das BAG keinerlei Kontrolle über die Zahl der ausgestellten Zertifikate hat. Warum das BAG trotzdem zu diesem Schluss kommt? Weil bisher nur sehr wenig Zertifikate für ungültig erklärt worden seien, lautet die Begründung.
Unterdessen steigt die Zahl der ausgestellten Zertifikate weiterhin massiv stärker an als die Zahl der Geimpften. Anfang Februar wurden in der Schweiz innert fünf Tagen 12'000 Personen geimpft. Im gleichen Zeitraum wurden über 140'000 neue Zertifikate ausgestellt – also das Zehnfache. So richtig einleuchtend erklären lässt sich das nicht.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Arzneimittelpreise: Einheitlicher Vertriebsanteil ab 2024

Um die Abgabe von preisgünstigeren Arzneimitteln zu fördern, wird neu der Vertriebsanteil angepasst.

image

Studie: Kein Zusammenhang zwischen Covid-Impfung und plötzlichem Tod

Eine Studie widerlegt Befürchtungen, dass es eine Verbindung zwischen Covid-Impfungen und ungeklärten plötzlichen Todesfällen geben könnte.

image

Das Corona-Fazit des Epidemie-Experten

Mehr Daten und weniger Verschwörungstheorien: So die Bilanz des Epidemiologen Marcel Salathé. Er leitete das Covid-19-Forschungsprogramm.

image

Schweiz stellt Weichen für langfristiges Coronavirus-Management

Der Bund stellt seine Antwort auf die langfristigen Herausforderungen von Covid 19 vor.

image

Covid: Weniger Spitalaufenthalte durch Nasenspülung

Eine alte Heilmethode könnte das Risiko einer Sars-Cov-2-Erkrankung senken. Das legen neue Forschungsergebnisse nahe.

image

KI-Tool aus Harvard sagt Covid-19-Varianten voraus

Wäre das Tool der Harvard-Forscher zu Beginn der Pandemie eingeführt worden, hätte es die besorgniserregendsten Varianten identifizieren können, bevor sie auftraten.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.