Er sorgte mit einer angeblich bahnbrechenden Operationsmethode für Furore – sein Verfahren wurde als Durchbruch in der regenerativen Medizin gepriesen: Paolo Macchiarini, ein prominenter italienischer Chirurg, hatte am Karolinska-Institut in Stockholm mehreren Personen eine künstliche Luftröhre transplantiert – das war im Jahr 2014.
Nun steht der heute 63-Jährige in Schweden vor Gericht. Er wird der schweren Körperverletzung in drei Fällen, verursacht durch ein gefährliches experimentelles Verfahren, beschuldigt, wie verschiedene Medien berichtet haben.
«Schwere Verletzungen»
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem Chirurgen vor, dass er bei seinen Operationen «Wissenschaft und Erfahrung» völlig missachtet und damit seinen Patienten «schwere Verletzungen» und «grosses Leid» zugefügt habe. Der Prozess wird voraussichtlich bis Ende Mai dauern.
Mit Stammzellen besiedeltes Luftröhrengerüst
Die Methode von Macchiarini funktionierte so: Ein synthetisches Luftröhrengerüst wurde mit Stammzellen besiedelt. In einem speziellen Bioreaktor soll innert 36 Stunden ein passendes Labororgan herangewachsen sein, das der Chirurg seinen Patienten schliesslich verpflanzt hatte.
Bis 2017 starben sieben seiner Patienten
Macchiarini behandelte im Zeitraum von 2011 bis 2014 drei Patienten in Schweden und fünf in Russland. Nur einer der acht Patienten überlebte den Eingriff – seine künstliche Luftröhre wurde 2014 wieder entfernt.
Die Karolinska-Universitätsklinik bestätigte damals den Tod der drei Patienten und setzte 2013 alle Transplantationen aus, wie in einem Bericht der österreichischen Tageszeitung «Der Standard» zu lesen ist. Macchiarinis Vertrag als Chirurg am Karolinska-Institut wurde nicht verlängert – es begannen polizeiliche Ermittlungen.
Kollegen warfen ihm später vor, die Risiken des Verfahrens verharmlost zu haben. Die Fachzeitschrift «The Lancet», die mehrere seiner Arbeiten veröffentlicht hatte,
lobte ihn anfangs als einen Chirurgen, der Grenzen durchbricht. 2018 aber zog die Fachzeitschrift in einem ungewöhnlichen Schritt
zwei Artikel von ihm aus den Jahren 2011 und 2012 zurück.
Das sagte Macchiarinis Anwalt
Der in Basel geborene italienische Chirurg versicherte, dass es sich bei den Operationen nicht um Experimente gehandelt habe. «Seine einzige Motivation war es, die Patienten zu behandeln», sagte sein Anwalt Björn Hurtig vor dem Gericht in Schweden.