Chirurgen sterben früher als andere Ärzte

Krebs, Herzkrankheiten und Autounfälle treten bei Chirurgen gehäuft auf: Dies besagt eine Studie aus den USA. Doch was sind die Hintergründe?

, 9. September 2025 um 05:52
letzte Aktualisierung: 6. November 2025 um 10:08
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Haben Chirurgen mehr Stress als andere Ärzte? Symboldbild: ali studio on Unsplash
Chirurginnen und Chirurgen in den USA haben eine deutlich höhere Sterblichkeit als andere Ärztinnen und Ärzte. Das zeigt eine neue Analyse des US National Vital Statistics System, basierend auf Daten aus dem Jahr 2023. Die Studie umfasste über eine Million Verstorbene im Alter zwischen 25 und 74 Jahren, darunter 224 Chirurgen.
Die alters- und geschlechtsbereinigte Sterblichkeitsrate lag für Chirurgen bei 355,3 pro 100.000 Personen, verglichen mit 228,4/100.000 bei anderen Ärztinnen und Ärzten. Das entspricht einer relativen Mortalitätsrate von 1,56.
  • Patel VR, Stearns SA, Liu M, et al.: «Mortality among surgeons in the United States», in: «JAMA Surgery», Juli 2025. Doi:10.1001/jamasurg.2025.2482
  • Krebs stand bei den Chirurgen mit Abstand an erster Stelle unter den Todesursachen; es ist doppelt so häufig wie bei Nicht-Chirurgen (193,2 versus 87,5/100.000).
  • Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Schlaganfälle treten ebenfalls vermehrt auf.
  • Autounfälle und Gewalttaten liegen bei Chirurgen auffällig weit oben in der Statistik.
Gleichzeitig schnitten Chirurgen bei einigen Todesursachen besser ab: Diabetes, Atemwegserkrankungen und Sepsis führten in diesem Fachbereich seltener zum Tod als bei anderen Ärztinnen und Ärzten. Suizid zählt in beiden Gruppen zu den fünf führenden Todesursachen, so das Forschungsteam, das zur Harvard University oder den dort angehängten Spitälern gehört.

Schlampen Chirurgen bei der Vorsorge?

«Es ist ein Paradox, dass Menschen mit vertieftem medizinischem Wissen dennoch vermeidbaren oder behandelbaren Erkrankungen zum Opfer fallen können», kommentiert Robert Uzzo, Urologe und CEO des Fox Chase Cancer Center in Philadelphia, die Studie.
Gegenüber «Renal + Urology News» nennt er lange Arbeitszeiten, Stress und unregelmässige Dienste als mögliche Gründe für die bluthochdruckbedingte Mortalität.
Schlafmangel und Stress beeinträchtigen aber auch Reaktionszeit und Entscheidungsfindung, was das erhöhte Risiko tödlicher Verkehrsunfälle erklären könne.
«Die Realität ist, dass viele Chirurgen ihre eigene Gesundheit angesichts anspruchsvoller Dienstpläne und Verpflichtungen in der Patientenversorgung zurückstellen», so Uzzo. Das führe auch zu verzögerten Vorsorgeuntersuchungen und unzureichender hausärztliche Nachsorge.
Eine erfreuliche Nachricht gibt es dennoch: Im Vergleich zu Juristen, Ingenieuren und Wissenschaftlern – also Personen mit ähnlichem Bildungsstand und Einkommensverhältnissen – lag die Sterblichkeit von Chirurgen etwas niedriger (404,5/100.000); und deutlich niedriger als bei der übrigen arbeitenden Bevölkerung (632,5/100.000).
  • Chirurgie
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