Was macht Innerrhoden richtig, was macht Genf falsch?

Die Politik muss den Ursachen für die grossen Prämienunterschiede auf den Grund gehen. Die Begründung, dass dies wegen dem Datenschutz nicht möglich sei, ist unhaltbar.

, 4. November 2023 um 05:10
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Bild: thierry-carrel.ch.
Die Gesundheitskosten belegen den zweifelhaften Spitzenplatz in der Sorgen-Rangliste. Die Eindämmung der Krankenkassenprämien wird als grösste Herausforderung betrachtet. Dieses Problem beherrscht auch den Entscheid in den zurückliegenden Parlamentswahlen.
Bemerkenswert sind die bedeutenden Unterschiede der Grundversicherungsprämien in den einzelnen Kantonen. Was macht der Kanton Appenzell-Innerrhoden richtig, was der Kanton Genf falsch, dass die Genferin doppelt so viel bezahlt als der Appenzeller? Es scheint, dass die Antwort auf diese Frage zur Problemlösung wesentlich beitragen müsste.
Die mittlere monatliche Krankenkassenprämie ist in Kantonen aller drei Sprachregionen (Genf, Basel, Tessin) hoch. Basel und Genf sind Stadtkantone, Jura und Tessin sind eher ländlich geprägt.

«Wer viel bezieht, bezahlt viel.»

Auf der Hand liegt, dass die Prämienzahlenden ihre Leistungsbezüge (mit-)finanzieren. Wer viel bezieht, bezahlt viel. Warum bezieht er oder sie viel? Hängt das ab von Altersstrukturen, Mentalitäten, Gesundheitszuständen oder der Spitaldichte ab?

«Es müssen rasch flächendeckende Untersuchungen in Auftrag gegeben werden.»

Die NZZ ist am 12. Oktober 2023 solchen Fragen nachgegangen. Sie fand Ansätze zu Antworten in den Kantonen mit den höchsten und den tiefsten Prämien. Um den Gründen vermehrter oder verminderter Leistungsbezüge im Gesundheitswesen für das ganze Land schlüssig nachzugehen, um abzuklären, welche Anreize geschaffen werden können, damit das Kostenbewusstsein gestärkt und das Verantwortungsbewusstsein im Abruf von Leistungen gefördert wird, und um einen quantifizierten Bezug solcher Massnahmen auf die Prämienhöhe zu ermitteln, müssen rasch flächendeckende Untersuchungen in Auftrag gegeben werden, wobei enorm viel aufschlussreiches Material bei den verschiedenen «Playern» des Gesundheitswesens längst vorhanden ist.
Die vorgeschobene Begründung, dass dies wegen dem Datenschutz nicht möglich sei, ist unhaltbar: Diese Daten können problemlos anonymisiert werden. Aus den Ergebnissen sind zeitverzugslos Schlüsse für die Angleichung und Abänderung von Konkordaten, Gesetzen und Verordnungen zu ziehen und durchzusetzen. Das ist eine wichtige und zielführende Aufgabe, die das neue Parlament gleich an die Hand nehmen muss
Thierry Carrel ist Herzchirurg und Sozialvorsteher in Vitznau.
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