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Strukturierte Weiterbildung im Notfallbetrieb: Kein Ding der Unmöglichkeit

Wie kann Weiterbildung im unstrukturierten Alltag eines Notfallbetriebes gelingen? Das Notfall-Team des Kantonsspitals Aarau hat dazu ein dynamisches Programm entwickelt.

, 17. Mai 2024 um 05:44
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(links nach rechts): Leitungsteam Notfall Sarah Rickenbacher (LÄ, Weiterbildungsverantwortliche), Sonja Guglielmetti (CÄ), Susanne Burgemeister (LÄ), Shawki Bahmad (LA)
Wöchentlich müssen vier Stunden strukturierte ärztliche Weiterbildung für Assistenzärzte garantiert werden. Weshalb ist die Umsetzung im Alltag der Notfallmedizin besonders herausfordernd?
Sarah Rickenbacher: Der Tagesablauf in der Notfallmedizin ist absolut nicht planbar, weshalb fixe Weiterbildungszeiten schwierig einzuhalten sind. Unser Tagesablauf ist mehrheitlich fremdgesteuert und feste Zusammenkünfte mit dem Team kaum möglich.
Sonja Guglielmetti: Unsere Teams sind jeweils verteilt auf sechs Schichten, was zur Folge hat, dass wir alle einen sehr unregelmässigen Arbeitsrhythmus haben. Die Herausforderung ist auch, dass wir im Team teils kaum Überschneidungen haben und das die Weitergabe von Informationen und Teachings erschwert. Ebenso wechselt die Teamzusammensetzung monatlich und die Wissensstände/Erfahrungsstufen sind teils sehr unterschiedlich. Oberstes Ziel ist immer die Gewährleistung eines 24/7 Betriebs, mit lückenloser Personalpräsenz.
Wie kann dennoch eine strukturierte ärztliche Weiterbildung in einem Notfallbetrieb gelingen?
Sarah Rickenbacher: Das Ärztliche Leitungsteam des Interdisziplinäre Notfallzentrum (INZ) des Kantonsspitals Aarau hat gemeinsam ein Weiterbildungs-Konzept für Assistenzärztinnen und Assistenzärzte entwickelt, welches die gesetzlich vorgesehene strukturierte Weiterbildung (sWB) trotz unregelmässigen Arbeitszeiten in einem dynamischen 24/7 Schichtbetrieb garantieren kann.
Erzählen Sie...
Sarah Rickenbacher: Gemeinsam mit dem Leitungsteam haben wir ein strukturiertes Weiterbildungsprogramm entwickelt, das auf die Besonderheiten der Notfallmedizin abgestimmt ist. So gibt es etwa Kurzweiterbildungen tagsüber verteilt von 15 Minuten, immer an den drei fixen Übergabezeiten im Schichtwechsel. Damit haben alle Anwesenden die Möglichkeit, teilzunehmen (Warm-Up bei der Morgenübergabe, Three-Up Nachmittagsübergabe und Eleven-Up Nachtübergabe). Ebenso gibt es stündige Weiterbildungen mehrmals wöchentlich, interdisziplinär und interprofessionell zu Zeiten, die sich am meisten im Schichtbetrieb überlappen (z.B Referate von internen/externen Referenten)
Sonja Guglielmetti: Alle sechs Wochen gibt es zudem eine 4-stündige Weiterbildung aufgebaut als Postenlauf mit diversen praktischen Skills, Stations (Wundversorgung, Naht-Kurs, Punktionen, Sonografiekurs) . Das Ausserordentlich dabei ist, dass die Assistenzärzte während ihrer Arbeitszeit komplett für 4 Stunden von Dienstsucher und Patientenbetreuung befreit werden.
An den "ganztägigen Weiterbildungen" dürfen die Assistenzärzte auf Arbeitszeit teilnehmen und werden vollständig ganztags vom Dienstplan befreit (zb Interdisziplinäre Schockraumsimulationstrainings, Sonografiekurse, Ambulanztage in der Präklinik)
Das interdisziplinäre Notfallzentrum (INZ) des KSA dient als Weiterbildungsstätte für:
  • Assistenzärzte in Ausbildung für den Klinischen Schwerpunkt Notfallmedizin (meist in 12-monatiger Anstellung oder mehr)
  • Assistenzärzte der Fachrichtung Allgemeine Innere Medizin und Chirurgie als sechsmonatige Rotationsstelle und Assistenzärztinnen im Curriculum der Hausarztmedizin
Wie kommt das KSA-Konzept bei den Assistenzärzten an, welche Rückmeldungen bekommen Sie?
Sarah Rickenbacher: Die Arbeit auf dem Notfall kann sehr abwechslungsreich, bunt und spannend, dynamisch, vielfältig, aber auch sehr kräftezehrend und anstrengend sein. Umso wichtiger ist es, den Mitarbeitenden im Alltag Wertschätzung entgegenzubringen. Weiterbildung ist eine Form davon und damit können wir unseren motivierten und auch sehr engagierten Assistenzärzten etwas zurückgeben.
Sonja Guglielmetti: Das Feedback in den Evaluationen ist sehr positiv. Dies motiviert uns weiter, das Konzept mit immer neuen Ideen an Weiterbildungsformaten auszubauen.

Hauptziele der 42+4 Stunden-Woche
Durch das SIWF ist für jede Assistenzärztin und jeden Assistenzarzt aller Facharztrichtungen schweizweit die gesetzliche Vorgabe an die Weiterbildungsstätten, eine strukturierte Weiterbildung (sWB) von vier Stunden wöchentlich zu garantieren.
Diese dürfen auch kumuliert werden. Aktuell beträgt die gesetzliche maximale Sollarbeitszeit bei den Assistenzärzten 50 Stunden pro Woche. Der VSAO publizierte Ende 2023 die Forderung nach einer "42+4- Stunden Woche". "42+4" Stunden Woche = 42 Stunden Dienstleistungszeit (Patientenbetreuung) + 4 Stunden Strukturierte Weiterbildungszeit (sWB)
Laut VSAO besteht dieses in der Sicherstellung der strukturierten Weiterbildung (sWB). Für eine erfolgreiche Umsetzung eines 42+4 Stunden Konzeptes werden diese 4 Elemente genannt:
  • Arbeitsgesetzkonforme Dienstplanung
  • gute Organisation der strukturierten Weiterbildung (abgestimmt auf Dienstpläne)
  • Prozessoptimierung/Reduktion administrativer Aufwand
  • Getrennte Zeiterfassung für Dienstleistungszeit und Weiterbildungszeit
Neu versucht das Notfallzentrum des KSA seit 01/24 konsequent das 42+4 Modell umzusetzen, welches den Schichtbetrieb nochmals verändert hat bezüglich der Arbeitszeiten.



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