So werden Pflegeheime benachteiligt

Nicht alle Kantone sind bereit, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Und den Pflegeheimen fehlt die Lobby, sich Gehör zu verschaffen.

, 11. Februar 2023 um 06:00
image
Peter Fischer: «Die Löhne der Pflegenden werden 2023 faktisch gesenkt.» | zvg
Im Gesundheitswesen tobt seit längerem ein Verteilkampf über die Zuteilung der finanziellen Mittel. Jene Institutionen im Gesundheitswesen mit wenig Beachtung in der öffentlichen Diskussion beziehungsweise mit einer schwachen Lobby drohen dabei, finanziell ins Abseits geschoben zu werden.
Die Situation der Pflegeheime ist ein gutes Beispiel dafür. Seit Jahren ist deren Finanzierung ungenügend, ohne eigentliche Wahrnehmung im öffentlichen Bewusstsein. Die Finanzierung der Pflegeheime ist zudem kantonal geregelt und steht auch deswegen weniger im Zentrum gesamtschweizerischer Diskussionen.
Insbesondere im Kanton Bern stehen die Pflegeheime und ihre Mitarbeitenden vor einer ungewissen finanziellen Zukunft: Erst vor kurzem hat der Grosse Rat den Pflegenden den Teuerungsausgleich auf 2023 verwehrt. Dabei reden wir alle über Fachkräftemangel in der Pflege.

«Passiert ist nichts. Im Gegenteil: Die Löhne der Pflegenden werden 2023 faktisch gesenkt.»

Zudem haben wir vor kurzem den Pflegenden im Kampf gegen Corona noch applaudiert. Und das Volk hat die Pflegeinitiative angenommen mit dem klaren politischen Auftrag, die Rahmenbedingungen und dabei auch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Pflegenden zu verbessern. Passiert ist nichts. Im Gegenteil: Die Löhne der Pflegenden werden 2023 faktisch gesenkt.
Auch die Pflegheime selber als Institutionen leiden. Die Kostenobergrenzen für die Hotellerie sind seit Jahren zu tief, und es drohen trotz Effizienzbemühungen rote Zahlen. Auch wird die pflegerische Leistung und insbesondere der zunehmende Betreuungsaufwand zu schlecht abgegolten. Neben roten Zahlen führt dies zu einem grösser werdenden strukturellen Defizit der Pflegeheime gegenüber der aktutstationären Pflege in den Spitälern.
Die Pflegeheime brauchen keine neuen gesetzlichen Regelungen, auch keine Zuschüsse, die ihnen nicht zustehen. Die «neue» Pflegefinanzierung hat die Rolle der Kantone als Restfinanzierer gesamtschweizerisch festgeschrieben. Der Gesetzgeber wollte damit die Zukunft der Pflegheime ein für allemal finanziell absichern.
Nur sind die Kantone nicht überall bereit, dieser Verpflichtung nachzukommen. Und den Pflegeheimen fehlt die Lobby, Gehör zu finden, daran etwas zu ändern. Es fehlt ihnen auch die Zeit, über Jahre auf ein höchstrichterliches Urteil zu warten, welches die Kantone zwingen würde, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Peter Fischer ist Stiftungsratspräsident Alters- und Pflegeheim Seegarten in Hünibach im Kanton Bern.

  • gastbeitrag
  • pflegefinanzierung
  • pflege
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Freiburger Spital: Neuer Pflegedirektor

Filipe Ferreira Moreira übernimmt am HFR die Nachfolge von Aline Schuwey definitiv.

image

Pflegepersonal ist zufriedener – obwohl es mehr Arbeit hat

Wer redet da dauernd von Notstand? Angestellte in der Pflege äussern sich zunehmend positiv zu ihrer Arbeit. Auch wenn die Belastung steigt.

image

Ist das noch Pflege oder ist es Bildschirmarbeit?

Das Luzerner Kantonsspital investiert in die virtuelle Pflege – in die Patientenbetreuung am Computer. Nicht alle Pflegefachleute freut das.

image

USZ: Neuer Bereichsleiter der stationären Pflege

Oliver Röpke übernimmt Anfang Juni 2025 die Leitung der stationären Pflege am Universitätsspital Zürich.

image

Förderung der Pflegeausbildung: Ein Vergleich der Kantone

Die Pflegeinitiative ist beschlossen – und bei der Umsetzung regiert der Föderalismus. Eine neue Übersicht zeigt, wie sich die Beiträge zur Ausbildung kantonal unterscheiden.

image

Pflege im Fokus: Zentralschweizer Spitäler starten Video-Kampagne

Die Spitäler der Zentralschweiz lancieren eine Video-Kampagne, in der Pflegende selbst Regie führen.

Vom gleichen Autor

image

«Hospital at Home ist Medizin im Team»

Die Spitex will beim Konzept Hospital@Home von Beginn weg eine zentrale Rolle spielen. Das ist aber nicht überall der Fall.

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.