Wie Mediziner mit ihrem Geld umgehen

Sie können reich werden – aber schwerreich werden sie kaum. Sie fühlen sich ungerecht entlöhnt – doch dabei sind sie recht sparsam: Dies Befunde einer Ärzteerhebung in Deutschland und anderen Industriestaaten.

, 9. September 2015 um 07:24
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Was verdienen Sie? Haben Sie Schulden? Sind Sie eher sparsam oder eher verschwenderisch? Danach suchte die diesjährige Einkommens-Umfrage des Wissensportals «Medscape» in Deutschland und anderen Staaten.
Laut der deutschen Erhebung erzielten Fachärzte letztes Jahr im Mittel ein Jahreseinkommen von 114'000 Euro (Medianwert). Haus- und Allgemeinärzte kamen auf 110'000 Euro. Die Zahlen waren jeweils nach Abzug von Steuern und Abgaben gerechnet, aber vor Abzug der Einkommensteuer.
«Medscape»: «Ärztegehälter in Deutschland 2015», August 2015. Die Erhebung beruht auf den Aussagen von 400 Ärzten in Deutschland, die im Frühjahr 2015 erhoben wurden. Zum Vergleich wurden Erhebungen von Medscape France und Medscape.com genommen.
Bei den erfassten männlichen Ärzten erreichte der Wert dabei 120'000 Euro, bei den Ärztinnen waren es 78'000 Euro.
Dies waren jeweils die Einnahmen aus den Tätigkeiten im Umgang mit den Patienten. Der durchschnittliche Hausarzt erzielte zudem noch 1'000 Euro mit Nebeneinkünften. Bei den Fachärzten betrug der Wert 5'000 Euro.
Diese Summen werden von den Medizinern recht kritisch betrachtet. Denn fast zwei Drittel (59 Prozent) der Befragten fühlen sich nicht gerecht bezahlt – und nur 41Prozent finden ihre Entlöhnung in Ordnung.

Ungerecht bezahlt – oder grosses Selbstbewusstsein?

Zum Vergleich: Auf die Frage «Fühlen Sie sich für Ihre Arbeit gerecht bezahlt?» antworteten in den USA immerhin die Hälfte mit Ja, in Grossbritannien waren es 45 Prozent. Noch kritischer als die deutschen Ärzte beurteilen die französischen Kollegen ihr Gehalt: Gerade mal 36 Prozent finden es gerecht.
Es zeigt sich also, dass die Mediziner zwar gut verdienen – aber dass sie auch ein grosses Selbstbewusstsein haben und den Wert ihrer Arbeit hoch einschätzen. 
Hier spiegelt sich wohl exakt der Punkt, den Inselspital-Chefarzt Thierry Carrel vor wenigen Tagen in einem Interview aussprach: «Obwohl es in unserem Beruf oft um Leben und Tod geht, ist das durchschnittliche Einkommen bedeutend geringer als jenes von Bankern und Wirtschaftsmanagern. Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob die eine Arbeit tatsächlich so viel mehr wert sein kann als die andere.»
«Die Lohnfrage des Thierry Carrel»: Der Klinikdirektor im Berner Inselspital stellt fest, dass Chirurgen zuwenig verdienen. Zumindest im Vergleich zu Bankern und Managern.
Schwerreich ist denn auch kaum einer der von «Medscape» befragten Mediziner. Nur einer von hundert gibt an, mehr als 5 Millionen Euro zu besitzen (wobei nach dem Nettowert aller Vermögenswerte inklusive Gegenständen wie Autos und Schnuck gefragt wurde – abzüglich der Schulden). Auf der anderen Seite haben 70 Prozent der befragten Mediziner weniger als 500'000 Euro. Immerhin: Zusammengerechnet 13 Prozent sind laut eigenen Angaben mindestens Millionär.

«…überrascht, wieviel Geld ich habe»

In ihrem Ausgabeverhalten beschreiben sich die Mediziner dabei als eher konservativ: Zwei Drittel finden, dass sie im Rahmen ihrer Verhältnisse leben und keine oder kaum Schulden haben. Und ein Viertel gab an, «sparsam» zu leben: «Menschen, die meine Lebensweise kennen, wären überrascht, wie viel Geld ich zur Verfügung habe», so die hier angekreuzte Antwort. 
Am Ende blieben 6 Prozent, die eingestanden, über ihren Verhältnissen zu leben und beispielsweise Dispokredite zu nutzen, um über die Runden zu kommen.
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Die wichtigsten Posten bei den Schulden respektive den fixen Ausgaben der befragten Ärzte bildeten:

  • die Hypothek auf das selbst bewohnte Haus (44 Prozent erwähnten diesen Punkt),
  • Darlehen und/oder Leasingkosten fürs Auto (zusammen 34 Prozent),
  • Schulgeld oder Studiengebühren für die Kinder (18 Prozent).
  • Eine Hypothek für einen Zweitwohnsitz benannten immerhin 11 Prozent der Mediziner unter ihren relevanten Passiv-Posten.

Zum recht soliden Gesamtbild passt, dass drei Viertel der Ärzte (76 Prozent) im vergangenen Jahr keine nennenswerten finanziellen Verluste bekundeten. Die, die es aber erwischte, erlitten entweder Einbussen wegen Praxisproblemen (9 Prozent der Angaben) oder Börsenverluste (8 Prozent). 
Drei Prozent der befragten Ärzte setzten ihr Kreuz übrigens beim Posten «Verlust einer höheren Geldsumme durch Scheidung».
Die Ärzteschaft meidet offenbar ohnehin die Untiefen der Finanzmärkte. Befragt nach ihren Fehlinvestitionen, nannten 58 Prozent gar keine. 26 Prozent erwähnte Investments in Aktien, die sich negativ entwickelten; und 7 Prozent erinnerten sich an eine Fehlanlage mit Immobilien.

Fast alle sind froh, Arzt zu sein

Trotz einer gewissen finanziellen Unzufriedenheit ist eine überwältigende Mehrheit von 95 Prozent froh, Arzt zu sein. Auf der anderen Seite würden 14 Prozent die Medizin nicht mehr als Berufsfeld wählen, wenn sie noch einmal wählen könnten.
Besonders viele aber holen sich ihre Befriedigung aus der Qualität der eigenen Arbeit (39 Prozent) und aus der Dankbarkeit der Patienten (34 Prozent). Immerhin für 13 Prozent der Befragten in Deutschland ist das Gehalt das Wichtigste an ihrem Beruf – in Frankreich und England erreicht diese Quote nur 7 und 8 Prozent. 


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