WHO-Liste: Tamiflu herabgestuft

Das Grippemittel sei kein Kernmedikament mehr für die globale Grundversorgung – sondern diene höchstens noch komplementär.

, 21. Juni 2017 um 08:47
image
  • medikamente
  • roche
  • weltgesundheitsorganisation
Das Detail wurde in der Fach- und der breiteren Öffentlichkeit noch gar nicht beachtet: Auf der «Essential Medicines List» der Weltgesundheits-Organisation WHO rangiert Tamiflu (oder genauer: der Grippewirkstoff Oseltamivir) nur noch als Medikament, das «complementary» ist. Das heisst anders: Die WHO-Experten erachten das Roche-Grippemittel nicht mehr als Medikament, das zur Grundversorgung zählen muss.
Es wird lediglich noch für gewisse spezialisierte Situationen als unabdingbares Element betrachtet. Konkret nennt die WHO-Liste dabei den Einsatz bei Grippeerkrankungen bei Spitalpatienten in kritischem Zustand.
Tamiflu war noch während den Vogelgrippe-Hysterie 2009 als Notfallmittel der Wahl gewürdigt worden. Weltweit liessen Regierungen Reserven aufbauen, wobei auch der Schweizer Bundesrat den Kauf von 40'000 Packungen lancierte.
Andererseits gab es immer wieder Diskussionen über die Wirksamkeit. Eine grosse Cochrane-Auswertung ergab 2014, dass Tamiflu die Dauer der Grippesymptome im Schnitt um weniger als einen Tag verkürzen konnte – konkret: von 7 auf 6,3 Tage. Auf der anderen Seite hatten die Tamiflu-Probanden mehr Nebenwirkungen als die Menschen in den Placebo-Testgruppen.


Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Medikamentenpreise sind gesunken – angeblich

Mieten und Strom sind in der Schweiz teurer geworden. Doch Medikamente sind billiger als vor Jahresfrist. Kann das stimmen?

image

Apotheken fürchten sich vor Haftung

So soll der Bundesrat gegen ungeeignete Packungsgrössen und Dosisstärken vorgehen.

image

Preis für Abnehmspritze: In Deutschland vertraulich

Deutschland führt geheime Preise bei Medikamenten ein. Vor allem die Krankenkassen wehren sich dagegen.

image

Medikamente erstmals grösster Kostenblock in der Grundversicherung

Erstmals liegen die Ausgaben über 9 Milliarden Franken. Mehrere Faktoren spielen hinein: teure Neueinführungen, Mengenausweitung, zusätzliche Indikationen, höherer Pro-Kopf-Verbrauch.

image

Antibiotika in der Schweiz: Rückgang mit Ausnahmen

Von 2015 bis 2022 sank der Antibiotikaverbrauch in der ambulanten Versorgung deutlich. Doch nicht alle Fachrichtungen zeigen den gleichen Trend.

image

Bürokratie-Fiasko beim Zugang zu Medikamenten

Eine internationale Studie zeigt: Bürokratie ist in der Schweizer Gesundheitsversorgung ein grosses Problem. Gleichzeitig erschweren veraltete Prozesse den Zugang zu innovativen Medikamenten. Lösungen lägen auf dem Tisch – doch die Politik droht, die Situation noch zu verschlimmern.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.