Darauf weist jedenfalls eine grosse Studie in den USA hin. Dabei untersuchte ein vierköpfiges Forscherteam die Verhaltensweisen von über 300'000 Personen – und zwar von Menschen, deren Versicherung explizit Telemedizin-Angebote deckte und vorsah.
Ein Fazit: Nur 12 Prozent der Telemedizin-Konsultationen dürften den Besuch in der Praxis respektive in der Notfallstation ersetzt haben. In 88 Prozent der Fälle hatte man es jedoch mit einer zusätzlichen Nutzung zu tun.
Mit anderen Worten: Jene Patienten hätten gar keinen Arzt kontaktiert, wenn sie nicht die Möglichkeit der Telemedizin gehabt hätten.
Wie fand man das heraus? Konkret nutzten die Forscher der Rand Corporation – einem grossen Think Tank – ein Vorher-Nachher-Vergleichsfeld. Sie nahmen die halbstaatlich versicherten pensionierten Beamten von Kalifornien; denn deren Rentensystem nahm ab 2012 auch Telemedizin-Betreuung ins Angebot der gedeckten Leistungen auf.
Weniger Medikamente – mehr Follow-Ups
Der Management-Forscher J. Scott Ashwood und sein Team konnten also einerseits Daten von 2011 überprüfen, andererseits nahmen sie die Nutzung von 2013: Welche Veränderungen gab es? Konkret untersuchten sie, wie oft die Versicherten einerseits Telemed-Dienste, andererseits einen Arzt oder eine Notfallstation bei Atemwegsbeschwerden anwählten.
Ins Visier genommen wurden also Erkrankungen, die sehr häufig sind, die aber auch oft ohne ärztliche Betreuung auskuriert werden könnten.
Klar war, dass die Kosten einer einzelnen Konsultation im Telehealth-Verfahren am günstigsten war: Nicht nur der Arztkontakt selber war billiger, sondern die Beratung war hier zudem mit weniger Medikamenten- oder Bildgebungs-Aufwand verbunden. Allerdings fielen dann die Kosten für follow-ups, so sie denn nötig wurden, nach einer Tele-Konsultation etwas höher aus.
Mehrkosten: 45 Dollar pro Person
So weit, so erwartbar. Aber eben: Zum entscheidenden Punkt wurde das, was man Mengenwachstum nennt. Nach Einführung der Telemedizin-Möglichkeiten kam zu viel mehr Arztkontakten als davor. Die Forscher rechneten aus, dass in der beobachteten Kohorte pro Jahr und Person unterm Strich 45 Dollar mehr für die ärztliche Behandlung von Atemwegserkrankungen ausgegeben wurden als vor 2012.
«Wie bei anderen neuen Betreuungsmodellen, die tiefere Kosten und weniger Aufwand versprechen, scheint auch die direkte Telemedizin in einigen Fällen eher eine Erhöhung denn eine Dämpfung der Kosten zu bewirken», sagt Studienleiter Ashwood.
Natürlich sind die US-Daten schwer übertragbar auf die Verhältnisse in der Schweiz, zumal in den USA die Telehealth-Möglichkeit oft von den Arbeitgebern angeboten wird – also nicht Teil der persönlichen Krankenkasse ist. Dennoch: Die Frage der Mengenausweitung ist damit in den Raum gestellt.