Studie: Kittel sind Keimschleudern

Nicht nur Patienten übertragen Krankheitserreger, sondern auch Berufskleider und Patientenzimmer. In einer Studie wurden Ärmel und Taschen der Uniformen und Handläufe der Betten positiv getestet.

, 1. November 2016 um 07:46
image
  • arbeitswelt
  • spital
  • hygiene
  • patientensicherheit
  • studie
Die weissen Kittel von Ärzten und Pflegepersonal sind alles andere als hygienisch. Sie nehmen nicht nur Krankheitserreger von Patienten, sondern auch von Patientenzimmern auf. 
Eine neue Studie der Duke University School of Medicine kommt zu diesen Hauptergebnissen:

  • Ärmel und Taschen der Berufskleider sind am stärksten verseucht.
  • Eine ähnlich grosse Infektionsquelle sind die Handläufe an den Betten.

«Ein Weckruf»

«Die Studie ist ein Weckruf», sagt Deverick Anderson, Medizinprofessor der Duke University School of Medicine, «Ärzte und Pflegefachleute müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass die Umgebung kontaminiert sein kann. Nur schon der Eintritt in ein Patientenzimmer kann zu einer Infektion führen».
Die Studie räumt mit dem Glauben auf, dass es reicht, Handkontakt zu vermeiden, die Hände zu desinfizieren oder Handschuhe zu tragen. Unabhängig von der Aufgabe, die verrichtet werden muss, ist laut Anderson Vorsicht geboten. 

Mehrere Tausend Abstriche

Andersons Ziel war herauszufinden, wie sich die Keime auf den einschlägigen Wegen zwischen Patient, Personal und Umgebung ausbreiten. 
Für die Studie nahm er mit seinem Team Abstriche von Ärmeln, Taschen und Unterleibszone der Kittel von 40 Pflegefachpersonen des Duke University Hospital. Alle Uniformen waren neu, und die Proben wurden zu Schichtbeginn vor dem ersten Patientenkontakt und am Ende der Schicht entnommen. 
Auch von den Patienten wurden Proben genommen, ebenso von der Einrichtung wie Betten oder Versorgungswagen. Insgesamt kamen 2'200 Proben vom Personal zusammen, 455 von Patienten und knapp 3'000 von den Patientenzimmern. Mit ihnen stellten die Wissenschaftler Vorher-Nachher-Vergleiche an. 

Resistente Keime übertragen

Speziell wurde nach fünf Erregern gesucht, die gegen Antibiotika resistent sind, darunter die gefürchteten MRSA-Keime. Im Beobachtungszeitraum wurden 12 Vorgänge bestätigt, bei denen mindestens einer der fünf Erreger zwischen dem Patienten oder dem Zimmer zum Kittel übertragen wurde. In je sechs Fällen fand eine Übertragung vom Patienten zur Pflegeperson und vom Zimmer zur Pflegeperson statt. In weiteren zehn Fällen kam es zu einer Übertragung vom Patienten zum Zimmer. 
Es wurde keine Ansteckung vom Personal zum Patienten oder vom Personal zum Zimmer festgestellt.
Studie:
«Hospital Rooms and Patients Equally Likely to Transmit Pathogens» - Duke University School of Medicine, 27. Oktober 2016
Die Studie wurde Ende Oktober an der IDWeek präsentiert, der Jahresversammlung der Infectious Diseases Society of America (IDSA) und weiteren Standesorganisationen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von André Plass

Eine unabhängige Anlaufstelle garantiert mehr Qualität

Unabhängige Qualitätskontroll- und Meldezentren fürs Gesundheitswesen könnten die Patientenversorgung stark verbessern.

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

KSW: Neuer Leiter der Klinik für Neurologie und Stroke Unit

Hans-Georg Wirsching kommt vom Unispital Zürich. Er folgt auf Biljana Rodic.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Mobiles Waschbecken: Game-Changer in der Pflege

Das mobile Waschbecken erlaubt bettlägerigen Personen mehr Selbstständigkeit bei der Körperpflege. Damit fördert es Selbstwertgefühl sowie Wohlbefinden und entlastet zudem das Pflegepersonal. Durch seine smarte Konstruktion erfüllt es höchste Hygienestandards.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.