90'000 Tote wegen Spitalinfektionen in Europa

Eine pan-europäische Studie erfasste die jährlichen Ansteckungen durch so genannte Spital-Keime neu.

, 19. Oktober 2016 um 07:00
image
  • antibiotika
  • spital
  • patientensicherheit
  • hygiene
Fast 2,6 Millionen Mal pro Jahr stecken sich Menschen in Europa im Spital mit Keimen an – und 91'000 Tote sind die Folge: Dies das Ergebnis einer neue Studie von internationalen Forschern.
Verarbeitet wurden dabei Daten des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), welches wiederum Qualitätsberichte von Akutspitälern im EU-Raum sowie in Norwegen und Island erfasst hatte (nicht aber in der Schweiz); insgesamt ging es also um die Gesundheitsbetreuung von gut 500 Millionen Menschen. 
An der Arbeit beteiligt waren Forscher aus Schweden, den Niederlanden und Deutschland, betreut wurde die Edition auch von Stephan Harbarth von den Genfer Uni-Spitälern HUG. 
Ihre Frage lautete: Wie oft kommt es in den erfassten Ländern zu Spitalinfektionen? Das Team um Alessandro Cassini vom European Centre for Disease Prevention and Control erfasste dabei «healthcare-associated infections», also spitalbedingte Ansteckungungen bei
  • Lungenentzündungen,
  • Harnwegsinfekten,
  • postoperativen Wundinfektionen,
  • Clostrdium-difficile-Infektionen,
  • neonatalen Sepsis-Infektionen sowie
  • primären Blutvergiftungen.
Diese Ansteckungen machen bekanntlich etwa 9 von 10 Spitalinfektionen aus. Aber anders gesagt heisst das auch: Die Ansteckungen mit resistenten Bakterien standen hier gar nicht im Fokus.

In der Schweiz ist es wohl ähnlich

Die Folgen dieser Ansteckungen wurden dann umgerechnet in behinderungsbereinigte Lebensjahre, also DALYs (disability-adjusted life years), und sie ergeben den Ausfall von 2,5 Millionen Lebensjahren.
Hohe Zahlen, die erschreckend wirken. Als paneuropäische Bestandesaufnahme sind sie zweifellos von Bedeutung – ganz überraschend sind sie nicht. Denn rechnet man die hier erfassten Infektionen hoch auf die Gesamtbevölkerung, so verursachen die sechs erfassten Spital-Erreger beispielsweise 0,18 Infektions-Todesfälle auf 1'000 Menschen in Europa.
Diese Zahl trifft sich verblüffend genau mit den Schätzungen aus der Schweiz: Laut Swissnoso verursachen Spital- und Heiminfektionen hier etwa 2'000 Todesfälle pro Jahr, was etwa 0,25 Prozent der Bevölkerung entspricht.
Wenn man berücksichtigt, dass die neue PLOS-Studie nur einen Teil der Krankheitserreger berücksichtigte, so zeigt sich: Das ist ziemlich genau dasselbe Niveau.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Kinderspital Zentralschweiz testet «Martha’s Rule»

Nach einem tragischen Todesfall führt das KidZ ein neues Warn- und Eskalationssystem ein: Es stellt sicher, dass Eltern gehört werden, wenn sie Alarm schlagen.

image

Frisches Trinkwasser mit Hygiene-Garantie: BRITA Wasserspender – jetzt 30 Tage testen.

Ob Spital, Heim oder Praxis: BRITA Wasserspender liefern frisches Trinkwasser auf Knopfdruck – sicher und komfortabel aus der lokalen Leitung. Modernste Filtertechnologie entfernt Mikropartikel, Medikamentenrückstände und über 99% PFAS. BRITA Wasserspender ersetzen Gallonen und Einwegflaschen.

image

KI zählt mit: Neues Assistenzsystem soll «Never Events» im OP verhindern

In Deutschland wird ein KI-gestütztes Kamerasystem getestet, das prüft, ob nach der Operation alle chirurgischen Materialien wieder auf dem OP-Tisch sind – und nicht im Patienten.

image

Sparprogramme reichen nicht: Das Spitaljahr im Check

Kooperationen, weniger Angebote, effizientere Abläufe, Schliessungen, Nullrunden bei den Löhnen: Die öffentlichen Akutspitäler haben viel getan, um die Finanznot zu bekämpfen. Fazit: So geht es trotzdem nicht weiter.

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Bitte einmischen! – Patientensicherheit neu gedacht

In England sollen sich Angehörige mehr in medizinische Abläufe einbringen: Eine Aktion unter dem Namen «Martha’s Rule» zeigt unerwartete Erfolge bei Sicherheit und Qualität. Jetzt wird die Idee auch in der Schweiz geprüft.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.