Spital soll Medizinprodukte zu überhöhten Preisen abgerechnet haben

Die Staatsanwaltschaft wirft der Leitung des Herz-Neuro-Zentrums vor, den Krankenkassen Hunderte Stents überteuert in Rechnung gestellt zu haben.

, 19. Juli 2021 um 13:43
image
  • herz-neuro-zentrum bodensee
  • spital
  • proventis
Die Staatsanwaltschaft Thurgau erhebt nach ergänzenden Untersuchungshandlungen erneut Anklage gegen Organe der Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG in Kreuzlingen. Dies geht aus einer Medienmitteilung der Staatsanwaltschaft Thurgau hervor. 
Die Strafverfolger hatten bereits im Oktober 2018 gegen Verantwortliche des Herz-Neuro-Zentrums Anklage erhoben – mitunter wegen «gewerbsmässigen Betrugs». Die Staatsanwaltschaft zog die Anklageschrift zwecks «punktueller Präzisierungen und gleichzeitiger Beweisergänzungen» im Februar 2020 zurück. 

1 400 Rechnungen ausgewertet

Im Rahmen der ergänzenden Abklärungen wertete die Behörde in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Thurgau rund 1 400 zusätzlich eingeholte Rechnungen aus dem Zeitraum zwischen den Jahren 2005 bis 2011 aus. In diesen stellte das Spital insgesamt über 2 500 Stents gegenüber den Krankenkassen in Rechnung. Und zwar über eine von den Klinikchefs gegründeten und geführten Handelsfirma.
Gemäss modifizierter Anklageschrift von Mitte Juli 2021 wird den drei Organen der Tatbestand des «gewerbsmässigen Betrugs» vorgeworfen. Die Beschuldigten sollen die Stents zu überhöhten Preisen gegenüber den Krankenkassen fakturiert haben. Der Deliktsbetrag beträgt mindestens 3.9 Millionen Franken. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Klinik weist Vorwürfe zurück

Nun kommt die komplexe Angelegenheit vor Gericht. Für diese Art von Betrug sieht das Strafgesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vor. Die Klinik schreibt in einer Stellungnahme, dass der Vorwurf der «überteuerten Preisen» gegenüber den Beteiligten «haltlos» seien. Dies zeige unter anderem ein Rechtsgutachten eines Strafrechtsprofessors. 
Das Herz-Neuro-Zentrum wurde laut eigenen Angaben von der Handelsgesellschaft im Gegenteil «zu deutlich günstigeren Konditionen» beliefert, als dies durch einen Direktbezug beim Hersteller möglich gewesen war. Die Klinik werde das Verfahren vollumfänglich unterstützen und sei zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vor Gericht nicht standhalten würden.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

USZ macht Verlust von 49 Millionen Franken

Verantwortlich dafür sind unter anderem inflations- und lohnbedingte Kosten. Zudem mussten Betten gesperrt werden.

image

Auch das KSW schreibt tiefrote Zahlen

Hier betrug das Minus im vergangenen Jahr 49,5 Millionen Franken.

image

...und auch das Stadtspital Zürich reiht sich ein

Es verzeichnet einen Verlust von 39 Millionen Franken.

image

Kantonsspital Olten: Neuer Chefarzt Adipositaschirurgie

Urs Pfefferkorn übernimmt gleichzeitig die Führung des Departements Operative Medizin.

image

SVAR: Rötere Zahlen auch in Ausserrhoden

Der Einsatz von mehr Fremdpersonal war offenbar ein wichtiger Faktor, der auf die Rentabilität drückte.

image

Wie relevant ist das GZO-Spital? Das soll das Gericht klären.

Das Spital in Wetzikon zieht die Kantonsregierung vors Verwaltungsgericht – und will belegen, dass es unverzichtbar ist.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.