Soll man Augenoperationen zum Aktionspreis anbieten?

Eine Augenoperation zum Sommersparpreis: Dient das den Patienten - oder ist das unzulässige Werbung für einen medizinischen Eingriff?

, 3. Juli 2020 um 06:10
image
  • praxis
  • augenärzte
  • werbung
In Zeitungen und auf der Website ist die Aktion unübersehbar: «Sommer-Vorteilspreis 2020». 560 Franken lassen sich sparen. Das Irritierende: Es geht nicht um eine Matratze oder um ein Fitness-Abo - sondern um eine Operation.

Eien Operation ohne medizinische Notwendigkeit

Das Augenzentrum Aus der Au wirbt mit einem Sparpreis für seine Augenlaserbehandlungen. Seit 1. Juli gilt die Sommer-Aktion. 1690 statt 2250 Franken kostet die «jetzt noch günstigere Augenlaserbehandlung».
Das Augenlasern ist eine Operation, der sich die meisten Patiente gerne und ohne medizinische Notwendigkeit unterziehen: Viele fehlsichtige Menschen möchten sich die Augen lasern lassen, weil sie ohne Brille oder Kontaktlinsen scharf sehen würden.

Keine marktschreierische Werbung erlaubt

Dass eine solche Operation nicht mehr so teuer ist wie früher, ist an sich eine gute Nachricht. Trotzdem ist eine solche Behandlung ein medizinischer Eingriff.  Gemäss Medizinalberufegesetz (MedBG) des Bundes ist es Medizinalpersonen nicht verboten, Werbung zu machen.
Sie muss aber gewisse Ansprüche erfüllen. Unter anderem muss sie objektiv sein und darf die ärztliche Tätigkeit nicht «durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher oder marktschreierischer Weise» darstellen.

Bewirkt der Aktionspreis einen vorschnellen Entscheid?

Immerhin könnten sich im vorliegenden Fall potenzielle Patienten zu einem vorschnellen Entscheid genötigt sehen, weil es sich um eine Sommer-Aktion handelt. Oder sie könnten generell durch den Vorteilspreis in ihrem Entscheid beeinflusst werden.
Ist die Werbung für einen Sommer-Vorteilspreis also noch objektiv oder schon aufdringlich und marktschreierisch? Für Michael Jordi, Zentralsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK, ist diese Frage nicht schnell und eindeutig beantwortbar, sondern eine Ermessensfrage.

Aufklärung der Patienten ist wichtig

Eine «Sommer-Aktion» sei nicht unbedingt befristet und setze die Patienten unter Druck, sagt er. Eine unzulässige Beeinflussung würde nur dann vorliegen, wenn die Patienten nicht angemessen aufgeklärt würden.
Gerade beim Augenlasern ist diese Aufklärung wichtig. Denn tatsächlich lassen sich Fehlsichtigkeiten häufig durch Augenlasern korrigieren, allerdings ist das nicht bei allen Menschen möglich. So muss zum Beispiel die Hornhaus dick genug sein und der Zustand der Augen stabil.

«Augenlasern ist mittlerweils freie Marktwirtschaft»

Das Augenlasern zielt darauf ab, die Brechkraft der Augen beziehungsweise der Hornhaut mit einem Laser zu verändern. Wer sich die Augen lasern lässt, muss die Kosten hierfür in der Regel selbst tragen.
Das Augenlasern ist mittlerweile ein grosses Geschäft aber auch ein dementsprechend hart umkämpfter Markt. Walter Aus der Au, der in Bern und in Freiburg seine Augenzentren betreibt, argumentiert sogar damit, dass das Augenlasern mittlerweile von der Medizin abgekoppelt sei und eher zum Brillen- und Optikergeschäft - und somit zur freien Marktwirtschaft - gehöre.

Werbung wichtig fürs Überleben

Er betont aber auch, dass die Interessenten in keiner Weise zu einer Behandlung genötigt würden. «Doch für viele Leute ist der Preis sehr wichtig. Sonst würden wir eine solche Aktion nicht machen.» Seine Kliniken müssten etwas tun, um zu überleben.
Das Augenlaser-Geschäft ist während der Corona-Krise zum Erliegen gekommen. So konnten unter anderem keine Info-Abende durchgeführt werden, die jeweils eine wichtige Werbeplattform für die Augenkliniken bieten. Walter Aus der Au sagt ausserdem, dass der Sparpreis nicht befristet sei. «Vielleicht werden wir ihn auch beibehalten.»

Die Erfolge und die Risiken des Augenlaserns

Die Erfolge sind meistens gut: Bei über 90 Prozent der Menschen, die ihre Augen lasern lassen, bessert sich die Sehschärfe durch die Laserbehandlung. In über 80 Prozent gelingt es durch das Augenlasern, eine Sehschärfe von 100 Prozent und mehr zu erreichen. Rund 30 Prozent aller Operierten sehen sogar schärfer als vorher mit Brille oder Kontaktlinsen.
Beim Augenlasern gibt es folgende Risiken: Es kann zur Über- oder Unterkorrektur der Fehlsichtigkeit kommen. Dann ist eine erneute Operation nötig oder eine Sehhilfe. Ausserdem fühlen sich einige Patienten nach dem Augenlasern bei Dämmerung oder Dunkelheit vermehrt durch Licht geblendet und sehen Lichthöfe oder Doppelkonturen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Taxpunkte: Teil-Einigung in der Ostschweiz

Die Ärztegesellschaften und die HSK beschliessen 3 Rappen höheren Taxpunktwert.

image
Kommentar von Anne-Geneviève Bütikofer und Verena Nold

Ja zum neuen Arzttarif – aber nur mit ambulanten Pauschalen

Ein neues ambulantes Tarifsystem muss Pauschalen mit dem Einzelleistungstarif Tardoc kombinieren. Nur so lässt sich die Effizienz im Gesundheitswesen steigern.

image

Was kostet der Leistungsausbau? Keine Ahnung

Was sind die finanziellen Folgen des Leistungsausbaus in der Grundversicherung? Der Bundesrat will das nicht wissen.

image

Gerhard Pfister will es wissen: Arbeiten Ärzte 24 Stunden pro Tag?

In seinem Einsatz für die «Kostenbremse» nimmt sich der Mitte-Präsident die Minutage vor. Zumindest rhetorisch.

image

Ihr neuer Standort für Gesundheit und Erfolg

Willkommen im WORKPLACE POSTFINANCE ARENA in Bern, wo Sport und Business aufeinandertreffen!

image

Neue Geschäftsführerin für die Zürcher Ärzte Gemeinschaft

Corinne Achermann Sommer leitet ab sofort Zmed.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Notfall des See-Spitals war stark ausgelastet

Die Schliessung des Spitals in Kilchberg zeigt Wirkung: Nun hat das Spital in Horgen mehr Patienten, macht aber doch ein Defizit.