So subtil wirbt Hirslanden für ihre Kliniken

Werbung für Spitäler und Ärzte ist heikel. Hirslanden hat ihre eigene Methode: Die Klinik ist bei jedem YB-Match dabei.

, 6. März 2019 um 11:53
image
  • spital
  • hirslanden
«Hilft besser, heilt schneller: Hirslanden» oder «Hast du ein Blutgerinnsel, geh schnell in die Insel» Solche Werbesprüche sind für Spitäler tabu. Die Standesordnung der Ärzte verbietet unsachliche Werbung, die nicht dem Informationsbedürfnis der Patienten entspricht.
Doch Hirslanden hat eine andere Lösung gefunden, sich bei potenziellen Patienten beliebt zu machen: Die Privat-Klinik-Gruppe ist bei jedem Match des Berner Fussballvereins Young Boys präsent. Hirslanden Bern ist so genannter «medizinischer Partner» des Berner Wankdorf-Stadions und des Fussballclubs.

Ein Notfall-Team sorgt fürs ganze Stadion

Das bedeutet: Die Spital-Gruppe bietet die gesamte Notfallversorgung während der YB-Heimspiele und aller übrigen Anlässe im Stadion an. Das Medical Team Bern kümmert sich mit Notärzten, Rettungssanitätern, Pflegefachpersonen und Samaritern für die medizinische Betreuung im Berner Heimstadium.
Besonders prominent kommt dieser Einsatz zum Vorschein, wenn ein verletzter Spieler auf dem legendären Krankentransport-Wägeli von YB weggefahren werden muss. Doch auch ohne solche Einsätze ist das Hirslanden-Personal mit Leuchtwesten und dem Spital-Schriftzug bei jedem Spiel unübersehbar.

Auch der Teamarzt arbeitet bei Hirslanden

Die Zusammenarbeit zwischen YB und Hirslanden ist wertvoll – im Wortsinn. So genannte YB-«Gold-Partner», zu welchen Hirslanden gehört, zahlen dem Fussball-Verein 100 000 Franken. Und die Zusammenarbeit geht auch ausserhalb des Stadions weiter: Teamarzt von YB ist Cuno Wetzel, natürlich ein Belegarzt von Hirslanden.
Andere Spitäler können von solchen Werbemöglichkeiten nur träumen. Ohne Reklame kommt heute kaum mehr eine Klinik aus. Vor allem auch die neuen Arzt- und Gesundheitszentren, die vielerorts eröffnet werden, müssen um ihre Patienten werben. In der Regel geht es darum, die neue Kundschaft den ansässigen Ärzten abzuwerben.
Neue Arztzentren setzen unter anderem auf Werbung auf ihren Websites. Ein Beispiel: Arzthaus.ch. Diese Gruppenpraxis hat Filialen in Aarau, St. Gallen, Zürich und Zug. Auf ihrer Website wirbt sie ausführlich für ihre lange Öffnungszeiten und ihre «erfahrenen Ärzte». Die abgebildeten Fotomodell-Ärztinnen und -Ärzte dürfte man in den Praxen allerdings kaum zu Gesicht bekommen.
image
Diese Ärtzinnen und Ärzte, welche Arzthaus.ch auf seiner Website abbildet, dürfte man in den Praxen kaum je zu Gesicht bekommen. | Bild: Screenshot

Spitäler sind zu mehr Wettbewerb gezwungen

Die Schweizer Kliniken sind derzeit in der Zwickmühle: Damit die Gesundheitskosten sinken, setzt der Bund auf mehr Wettbewerb zwischen den Spitälern. Wie aber sollen Kliniken für sich werben? Eine heikle Frage.
Gemäss Medizinalberufegesetz (MedBG) des Bundes ist es Medizinalpersonen und Spitälern zwar erlaubt, Werbung zu machen. Sie muss aber «objektiv» sein. Unzulässig ist Werbung laut der Standesordnung der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), wenn sie das Ansehen des Arztberufes beeinträchtigt.

Medizinische Werbung darf nicht «marktschreierisch» sein

Das ist zum Beispiel der Fall, «wenn sie der Selbstanpreisung der eigenen Person dient oder die eigene ärztliche Tätigkeit durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher oder marktschreierischer Weise darstellt.» Mit Werbebanderolen an der Krankenliege und Fotomodell-Ärzten auf der Website dürften Hirslanden und Arzthaus.ch schon ziemlich nah an dieser Grenze operieren.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

Spitalhygiene: Geschlechtsneutrale WCs bergen ein Risiko

In schottischen Krankenhäusern wurden Damen-, Herren- und Unisex-Toiletten auf Keime geprüft. Heraus kamen drastische Unterschiede.

image

Gilles Rufenacht wird CEO der Hirslanden Gruppe

Gilles Rufenacht ist derzeit Generaldirektor des Genfer Flughafens. Bis zum Sommer 2024 leitete er die Hirslanden-Kliniken des Grangettes und La Colline in Genf.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

image

Ressourceneffizienz bei Schweizer Spitälern

Interview von Unite mit Andrea Raida M.Sc., Projektleiterin Health Care Logistics am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, über Ergebnisse des Forschungsprojekts «Green Hospital»

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.