Sanktionen gegen Ärzte dürfen nicht einfach veröffentlicht werden

Das Bundesgericht gab einem Psychiater recht, der eine Busse akzeptiert hatte – aber gegen die Bekanntgabe im Amtsblatt protestierte.

, 27. Juli 2017 um 10:00
image
  • praxis
  • recht
  • waadt
Den Fall vors Gericht brachte ein Waadtländer Psychiater, der 2005 eine sexuelle Beziehung mit einer Patientin eingegangen war. Die Frau hatte sich danach beim Kantonsarzt beklagt, allerdings kam es nicht zu einem Strafverfahren. Bereits zuvor war derselbe Psychiater auffällig geworden, nachdem er 2003 ebenfalls eine Beziehung mit einer Patientin gepflegt hatte.
Die Gesundheitsdirektion des Kantons sprach also im zweiten Fall gewisse Sanktionen aus, darunter eine Busse von 10'000 Franken – und veröffentlichte den disziplinarischen Schritt im Amtsblatt. Dagegen ging er Arzt nun vor.
Vor Gericht verlangte er die Streichung der Publikation. Nachdem er damit vor dem Kantonsgericht abgeblitzt war, gab ihm das Bundesgericht in Lausanne nun recht: Die Gesundheitsdirektion habe damit gegen Bundesrecht verstossen.

  • Schweizerisches Bundesgericht, Entscheid 2C_1062/2016 vom 11. Juli 2011.

Das Bundesrecht erlaube zwar eine gewisse Publikation von Sanktionen – aber in Grenzen. Eine für alle und jeden öffentliche Verkündigung von Disziplinarmassnahmen und ihrer Motive sei nicht vorgesehen. Solche Informationen seien lediglich für damit befasste Instanzen zu öffnen («les autorités chargées de l'octroi des autorisations de pratiquer ont accès au registre»).
Wie der Waadtländer Kantonsarzt, Karim Boubaker, gegenüber «24 heures» meldete, gab es bislang jährlich 10 bis 15 derartige Publikationen im Kanton. «Unsere Praxis wurde bislang nicht in Frage gestellt, es gab keine Rechtssprechung dazu», so Boubaker.
Jetzt aber sei den Behörden das Recht genommen, die Patienten zu informieren. Nötig wäre also ein eidgenössisches Gesetz, das diese Publikationen wieder ermöglicht.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Frankreichs Hausärzte gehen auf die Strasse

Statt 25 Euro pro Konsultation wollen französische Hausärzte künftig das Doppelte. Sind sie geldgierig oder arbeiten sie zu einem Hungerlohn?

image

Bund prüft weitere Senkung der Labortarife

Nach der Senkung der Laborpreise arbeitet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) weiter an der Neutarifierung.

image

Das Rennen ums beste E-Rezept

Nachdem sich Onlinedoctor letzte Woche für das erste E-Rezept gerühmt hat, zeigt sich: Auch andere Anbieter haben E-Rezepte – einfach ein bisschen anders.

image

Keine freie Apothekenwahl bei neuen E-Rezepten

Das Teledermatologie-Unternehmen Onlinedoctor stellt neu elektronische Rezepte aus. Diese lassen derzeit aber noch keine freie Apothekenwahl zu.

image

So sieht eine Kinderpraxis mit Design-Preis aus

Eine Solothurner Arztpraxis hat den renommierten Designpreis «Red-Dot-Award» erhalten. Medinside zeigt, wie die preisgekrönte Gestaltung aussieht.

image

Drei Fragen an...die FMH-Präsidentin Yvonne Gilli

Yvonne Gilli möchte sich ihre ärztliche Freiheit nicht mit noch mehr Gesetzen einschränken lassen. Als FMH-Präsidentin könne sie Gegensteuer geben, hofft sie.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.