Pflegeroboter: «Mehr Zeit für die menschliche Zuwendung»

Robotertechnik kann Pflegekräfte gezielt entlasten – und so den Beruf wieder attraktiver machen. Bisher sind aber wenige robotische Systeme im Einsatz. Warum eigentlich?

, 19. Dezember 2017 um 10:42
image
  • spital
  • digital health
  • pflege
Japan und Korea gelten als Vorreiter auf dem Gebiet der innovativen Robotik in der Gesundheitsbranche. Anders in Europa: Am weitesten fortgeschritten ist hier noch der Bereich der neurologischen Rehabilitation und minimal-invasiven Operationsverfahren.

Akteure im Gesundheitswesen sind an Robotik-Technologien zwar interessiert, doch bisher nur zögerlich in der Umsetzung. Dies zeigt jetzt eine Studie der Stiftung Münch aus Deutschland. Die Analyse basiert auf Recherchen über 170 Robotersysteme und Experteninterviews.

Weniger physische und bürokratische Belastung


Der Grund der vorsichtigen Realisierung liegt den Studienautoren zufolge an zu wenig ausgereiften Produkten, fehlenden grossangelegten Studien mit Nutzern und unklaren Finanzierungswegen. Dies, obwohl in der Robotik Potenziale für die Gesundheitsversorgung liegen. 
Vor allem für physisch anstrengende Tätigkeiten und die Logistik wird eine Entlastung durch automatisierte Systeme erwartet. «Insbesondere die Pflegerobotik kann perspektivisch ein wichtiger Baustein werden, die physischen und auch bürokratischen Belastungen der Pflegekräfte zu minimieren», sagt Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch. 

Hürden, die es zu überwinden gilt

Mit dem Einsatz von Robotertechnik könne man diesen für das Gesundheitswesen wichtigen Beruf wieder attraktiver machen. Roboter sollen die Pflegekräfte nicht ersetzen, sondern diesen idealerweise mehr Zeit für die menschliche Zuwendung ermöglichen, so Holzinger weiter. 
Die Studienautoren geben zugleich Handlungsempfehlungen, welche technischen, politischen und rechtlichen Hürden es zu überwinden gilt.

  • Nutzen: Die Versorgungssysteme müssten am Nutzen der Patienten ausgerichtet werden. Die gegenwärtige sektorale Trennung stelle ein Innovationshindernis dar.
  • Kommunikation: Eine proaktive und gezielte Informationspolitik fördere gesellschaftliche Akzeptanz.
  • Aus- und Weiterbildung: Die Aus- und Weiterbildung im Gesundheitswesen müsse strategisch neu ausgerichtet werden. In allen Bereichen sei eine ergänzende Qualifizierung des Personals erforderlich. Es müssten auch neue Berufsbilder geschaffen werden.
  • Finanzierung: Es gelte, passende und klaren Finanzierungswege zu schaffen.
  • Regulation und Administration: Start-ups und Kleinunternehmen dürfe der Zutritt nicht durch Regularien und Admnistration verwehrt werden. Auch die Forschungsförderung müsse intensiviert werden.
  • Politik: Um den Einsatz jenseits von Prototypen und Forschungsprojekten zu ermöglichen, müssten gesetzliche und rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden. 

  • Die Studie wurde unter der Federführung von Barbara Klein (Frankfurt University of Applied Sciences) und Birgit Graf (Fraunhofer IPA, Stuttgart) durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Buch veröffentlicht, das am 15. Dezember im medhochzwei-Verlag erschienen ist (mehr hier).
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Medizinprodukte: Swissmedic moniert Mängel in vielen Spitälern

Die Aufsichtsbehörde kontrollierte unter anderem Endoskopie und Instandhaltung – und fand so viele Probleme, dass sie jetzt die Überwachung intensiviert.

image
Gastbeitrag von André Plass

Eine unabhängige Anlaufstelle garantiert mehr Qualität

Unabhängige Qualitätskontroll- und Meldezentren fürs Gesundheitswesen könnten die Patientenversorgung stark verbessern.

image

KSA: Weiterer Abgang in der Geschäftsleitung

Sergio Baumann ist nicht länger beim Kantonsspital Aarau tätig: Der Betriebsleiter, der zeitweise als interimistischer CEO fungierte, hat sein Büro bereits geräumt.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Mobiles Waschbecken: Game-Changer in der Pflege

Das mobile Waschbecken erlaubt bettlägerigen Personen mehr Selbstständigkeit bei der Körperpflege. Damit fördert es Selbstwertgefühl sowie Wohlbefinden und entlastet zudem das Pflegepersonal. Durch seine smarte Konstruktion erfüllt es höchste Hygienestandards.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.