Pflegeperson wegen Whatsapp-Chat vor Gericht

Eine Fachfrau Gesundheit soll vertrauliche Patientendaten ausgetauscht haben – und auf der Chat-Plattform Whatsapp über Patienten gespottet.

, 28. November 2019 um 07:30
image
  • spital
  • fachfrau gesundheit
  • pflege
  • psychiatrie
  • zug
Die Zuger Staatsanwaltschaft wirft einer Fachfrau Gesundheit (FaGe) vor, das Berufsgeheimnis verletzt zu haben. Deshalb musste sich die 26-Jährige nun vor dem Strafgericht verantworten. Das regionale Online-Portal «Zentralplus» berichtet ausführlich darüber.
Die Frau, so die Anklageschrift, soll ihre Kollegin teils den ganzen Tag auf dem Laufenden darüber gehalten haben, was in der Klinik gerade abging. So erzählte sie von einem Selbstmord, der sich ereignet hatte, wie die Nachrichtenplattform berichtet. Und sie teilte mit, dass eine schwangere Patientin da sei. Diese sei «älter, aber bitz behinderet, weisch», stand in den Chats etwa zu lesen. 

Coiffeuse gab den Tipp

Sie soll auch Bilder von Computer-Bildschirmen verschickt haben, mit Namen von Patienten und deren Diagnosen. Dies geht aus den Nachrichten hervor, die gesichert werden konnten. Die Frau arbeitete in einer psychiatrischen Klinik, wie das Online-Portal weiter schreibt. 
Aufgeflogen ist die Angelegenheit, weil eine Coiffeuse der Klinikleitung den Tipp gab, ihre Angestellte leite Patientendaten an Dritte weiter. Die Frisörin wurde in der Folge bedroht, angegriffen – und auch schwer zusammengeschlagen. Demnach habe sich die Frau nicht nur der Verletzung des Berufsgeheimnisses und Widerhandlung des Datenschutzgesetzes schuldig gemacht, sondern auch der Anstiftung zur Drohung und einer Tätlichkeit.

  • Mehr/Quelle: «Nach Lästereien über Patienten: Fachfrau Gesundheit räumt Fehler ein»

Staatsanwaltschaft fordert Busse

Die Staatsanwaltschaft beantragt deshalb, die Frau zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à je 30 Franken zu verurteilen. Sie soll die insgesamt 2’700 Franken aber nur bezahlen müssen, wenn sie innerhalb einer Probezeit von zwei Jahren wieder straffällig werde. So oder so bezahlen soll sie eine Verbindungsbusse von 540 Franken und eine Übertretungsbusse von 200 Franken.
In einem Fall räumt die Beschuldigte ein, sich mit ihrer Freundin über die Patientin ausgetauscht zu haben, berichtet das Portal «Zentralplus» weiter. In fünf weiteren Fällen bestreite sie aber, dass es in den Chats um Patienten gegangen sei. Vielmehr habe man über gemeinsame Bekannte gelästert.

Diente als Ventil für den harten Job

Die Frau nutzte ihre Freundin als Ventil, um die schweren Situationen zu verarbeiten, so das Argument der Verteidigerin. Der Alltag in der Pflege sei hart, dies wüssten wir alle. «Die Whatsapp-Nachrichten dienten dazu, bei Kräften zu bleiben».
Die Beschuldigte verlor in der Zwischenzeit auf Grund der Vorwürfe ihren Job und war längere Zeit arbeitslos. Sie absolviert nun eine Umschulung.
Einen gewissen Zynismus zu entwickeln, gehört bekanntlich zwar zum Beruf. Mit ihren gefühlslosen, ja menschenverachtenden Nachrichten hat die Fachfrau Gesundheit laut «Zentralplus» den Rahmen des Zulässigen aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber deutlich überspannt. Das Urteil werde den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt, schreibt das Nachrichtenportal. 

Strafgericht hat entschieden 

Die Frau wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 62 Tagessätzen à 50 Franken verurteilt, wie das Portal «Zentralplus» berichtete. Weil mehrere Opfer nicht bekannt sind, kann das Gericht die Beschuldigte nicht weiter verurteilen, 
Das Gericht lehnt es unter anderem auch ab, die Frau wegen eines Verstosses gegen das Datenschutzgesetz zu verurteilen. Sofort fällig wird eine Busse von 400 Franken. Zudem muss die Frau der betroffenen Patientin eine Genugtuungssumme von 2’000 Franken bezahlen. Und von den über 20’000 Franken Verfahrenskosten muss sie einen Drittel tragen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Neuer Leitender Arzt für die Spitäler Schaffhausen

Der Radiologe Wolfgang K. E. Schill wechselt vom Kantonsspital Münsterlingen nach Schaffhausen.

image

Kantonsspital kauft Aktien einer Digital-Plattform

Was Medinside vor einer Woche angekündet hat, ist nun geschehen: Das erste öffentliche Spital steigt bei «Compassana» ein.

image

Auch für Pflege zuhause gelten Ruhezeiten

Keine Chance für einen SVP-Vorstoss, das Arbeitsgesetz für Betreuung und Pflege zuhause aufzulockern: Der Bundesrat blieb hart.

image

Drama in Berlin: Senioren werden aus Pflegeheim geschmissen

Ein Berliner Pflegeheim wird in eine Unterkunft für Flüchtlinge umgewandelt. Einige Bewohner hingen bei der Räumung an ihren Atemgeräten und weinten.

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

Vom gleichen Autor

image

Berner Arzt hat Aufklärungspflicht doch nicht verletzt

Im Fall einer Nasen-OP mit Komplikationen verneint das Bundesgericht eine Pflichtverletzung eines Berner HNO-Arztes. Die Vorinstanzen haben noch anders entschieden.

image

Warum hunderte Pflegekräfte derzeit «Rücktrittsschreiben» verfassen

Eigentlich möchten viele Pflegefachpersonen ihrem Beruf gar nicht den Rücken kehren. Doch das System zwingt sie dazu, wie eine aktuelle Kampagne in den USA exemplarisch zeigt.

image

Ärzte erhalten von Ärzten eine Sonderbehandlung

Ärzte als Patienten kriegen bestimmte Privilegien, die andere Patienten oder Patientinnen nicht erhalten würden. Dies sagt die grosse Mehrheit der in einer Studie befragten Ärzte.