Medikamentenpreise sollen neu überprüft werden

Zugleich beschloss der Bundesrat einige Massnahmen, um Generika-Preise zu senken.

, 6. Juli 2016 um 12:55
image
  • medikamente
  • gesundheitskosten
  • versicherer
Künftig sollen die Preise kassenpflichtiger Arzneimittel nicht nur mit Preisen im Ausland verglichen werden: Der Bundesrat will, dass das BAG auch einen Kosten-Nutzen-Vergleich mit anderen Arzneimitteln vornimmt. 
Ganz überraschend ist das nicht – denn im Hintergrund steht ein Urteil des Bundesgerichts, welches genau dies verlangt: Nachdem das BAG im Jahr 2013 den Listenpreis eines Arzneimittels gesenkt hatte, rief das betroffene Pharmaunternehmen die Gerichte an; wobei es bemängelte, dass sich die Behörden lediglich auf einen Vergleich mit dem Preis für dasselbe Medikament im Ausland abstützten.

Auslandspreise und therapeutischer Quervergleich gleichwertig

Und das Unternehmen bekam recht. Die auf den Auslandpreisvergleich beschränkte Prüfung der Wirtschaftlichkeit lasse das Kosten-Nutzen-Verhältnis unberücksichtigt, befand das Bundesgericht: «Dies läuft der im Krankenversicherungsgesetz festgehaltenen Zielsetzung zuwider, wonach Arzneimittel der Spezialitätenliste jederzeit die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllen müssen.»
Wie der Bundesrat nun beschlossen hat, soll die Überprüfung 2017 mit einer neuen Verordnung wieder aufgenommen werden, inklusive dem verlangten therapeutischen Quervergleich. Beide Aspekte – Auslandspreise und Quervergleich – sollen ab dann gleichwertig gewichtet werden.
Zwischen 2012 und 2014 hat das BAG bei rund 1'500 Arzneimitteln auf der Spezialitätenliste eine Preissenkung verfügt, was Einsparungen von rund 600 Millionen Franken mit sich brachte.

Generika sollen günstiger werden

Gleichzeitig will der Bundesrat Massnahmen, um die Generikapreise zu senken. Das Innendepartement EDI soll ein Referenzpreissystem für die patentabgelaufenen Arzneimittel vorbereiten; dies dürfte aber noch etwa drei Jahre beanspruchen. Da Generika in den europäischen Vergleichsländern aber durchschnittlich um bis zu 50 Prozent günstiger sind, sieht der Bundesrat bereits jetzt zusätzliche kosteneinsparende Massnahmen für diesen Bereich vor: Generika sollen im Vergleich zum Originalpräparat günstiger werden. 
Dabei gilt: Je höher der Umsatz des Originalpräparats ist, desto grösser muss der Preisabstand für die Generika sein. Auch die Kriterien des differenzierten Selbstbehalts sollen angepasst werden. Das BAG davon aus, dass in den nächsten drei Jahren zusätzliche Einsparungen von bis zu 80 Millionen möglich sind.

Off-limitation-use, off-label-use 

Schliesslich will der Bundesrat die Bestimmungen anpassen, welche die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall betreffen. Zwar ist bereits geregelt, unter welchen Umständen die Grundversicherung Medikamente vergütet, die sich nicht auf der Spezialitätenliste befinden, die nicht bei einer bestimmten Krankheit vorgesehen oder nicht von Swissmedic zugelassen sind (off-limitation-use, off-label-use). Stellt hier ein Arzt ein Gesuch um Kostengutsprache, so sollen die Versicherer dies künftig innerhalb von zwei Wochen entscheiden. 
Wie bisher bestimmt der Krankenversicherer, zu welchem Preis das Arzneimittel vergütet wird. Neu vergütet er aber höchstens neunzig Prozent des Preises auf der Spezialitätenliste. Für importierte Arzneimittel wird der effektive Preis vergütet. Zudem wird klarer geregelt, dass die Pharmaunternehmen bei der Preisfestlegung mitwirken müssen.
Zur Mitteilung des BAG: «Die Preise von Medikamenten sollen auf neue Art und Weise überprüft werden»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Zusatzversicherungen: Helsana meldet weitgehende Einigung in Genf und Waadt

Nach langem Ringen hat sich Helsana mit mehreren Westschweizer Kliniken auf eine tarifkonforme Lösung geeinigt. Für Halbprivat- und Privat-Versicherte entfällt damit die bisherige Kostenübernahme-Lücke.

image

Versorgungssicherheit: Bundesrat kommt mit Gegenvorschlag

Die Volksinitiative zur medizinischen Versorgungssicherheit stösst in Bern auf Verständnis – aber nicht auf Zustimmung. Die Landesregierung präsentiert eine enger gefasste Alternative für mehr Arzneimittelsicherheit.

image

Keine Franchise mehr für Impfungen: Kassen sind skeptisch

Ab nächstem Jahr müssen die Krankenversicherungen mehr Kosten übernehmen. Unter anderem fürs Impfen.

image

Krankenkasse muss Pflege von Angehörigen nicht zahlen

Ein Spitex-Verein verliert vor Bundesgericht: Weil er pflegende Angehörige mangelhaft beaufsichtigt hat, muss die ÖKK-Versicherung keine Kosten übernehmen.

image

Avos - neun Gesuche in der Pipeline

Bei 18 Eingriffen gilt der Grundsatz ambulant vor stationär. Die Liste könnte Ende Jahr um 9 weitere ergänzt werden.

image

Sanitas muss keine Gesichts-OP für Transsexuelle bezahlen

Das Bundesgericht urteilte: Kinn und Lippenpartie der betroffenen Frau sähen nicht typisch männlich aus. Deshalb sei eine Korrektur kein Fall für die Grundversicherung.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.