Kantonsspital Luzern: Widerstand von Hausärzten

Der Plan des Luzerner Kantonsspitals, ausserhalb des Areals eine Praxis zu eröffnen, stösst der Ärztegesellschaft sauer auf.

, 21. November 2016 um 08:29
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Das Mattenhofquartier in Kriens soll 2019 ein Gesundheitszentrum erhalten. Die Praxis wird vom Luzerner Kantonsspital (Luks) geführt. Das passt der lokalen Ärzteschaft gar nicht, wie die «Luzerner Zeitung» berichtet.
Die stationäre Versorgung sei Sache des Spitals, die ambulante Versorgung besorgten hingegen praktizierende Ärzte, sagte Aldo Kramis der Zeitung, der Präsident der Luzerner Ärztegesellschaft (VZAG).

Was das Spitalgesetz festhält

Dem widerspricht der kantonale Gesundheitsdirektor Guido Graf. «Im Spitalgesetz steht, dass auch die kantonalen Spitäler ambulante Leistungen ausserhalb des Spitals anbieten können.» 
Im Gesundheitszentrum sollen junge Ärzte Erfahrungen sammeln können, die nicht gleich eine eigene Praxis aufmachen wollen.

«So akquiriert das Spital Patienten»

Kramis gibt ferner zu bedenken, dass das Spital für die komplexen Fälle zur Verfügung stehen solle – «und nicht die gut laufenden Praxen der ambulanten Ärzte konkurrenzieren». Und weiter: «Das Spital schickt Ärzte in die Peripherie, die Patienten beurteilen und letztlich wieder ins Spital schicken, wo sie dann weiter abgeklärt werden. So akquiriert das Spital Patienten.»
Guido Schüpfer vom Luzerner Kantonsspital entgegnet: «Es geht darum, integrierte Versorgung zu leisten. Mit solchen Praxen wird das Spital nicht reich.»

Trend zu Ambulatorien

Das Gesundheitszentrum des LUKS soll auf einer Fläche von rund 1'000 Quadratmetern im Mobimo-Neubau realisiert werden. Welche Dienstleistungen dort dereinst konkret angeboten werden, sei noch nicht in Stein gemeisselt, erklärte Guido Schüpfer, der Chef des medizinischen Stabs am Luzerner Kantonsspital, gegenüber der «Luzerner Zeitung». «Wir wollen eine integrierte medizinische Versorgung anbieten.»
Viele Spitäler realisieren Zentren oder planen welche. So führt das Luzerner Kantonsspital seit einigen Jahren mit der Krankenversicherung Concordia in Hochdorf eine Gemeinschaftspraxis. Auch die Klinik Hirslanden St. Anna realisierte am Bahnhof in Luzern und in Meggen je eine Praxis. Weitere Fälle:

  • Die Spital STS AG wird im Frühjahr 2017 im am Bahnhofplatz Thun ein Praxiszentrum mit einer Walk-in-Praxis sowie einer spezialärztlichen Praxis für Gastroenterologie eröffnen.
  • Das Universitätsspital Zürich plant in der Überbauung «The Circle» am Flughafen eine Notfallstation und Ambulatorien auf rund 10'000 Quadratmetern.
  • Die Hirslanden-Gruppe führt bereits mehrere Praxiszentren, weitere sind geplant. Die letzte Eröffnung erfolgte im Januar 2016 in Düdingen.
  • Swiss Medical Network beteiligte sich im Januar 2016 mit 40 Prozent am Telemedizin-Unternehmen Medgate, das auch Ärztezentren betreibt.
  • Das Kantonsspital Basel-Land übernahm im April 2016 die Praxis «Urologie Kirschgarten» in Basel.
  • Das Kantonsspital Winterthur plant ein Fachärztezentrum in Wallisellen, direkt beim Einkaufszentrum Glatt.
  • Das Spital Bülach übernahm im Juni 2016 das Airport Medical Center im Zürcher Flughafen.
  • Die Lindenhof-Gruppe übernahm diesen Sommer das Ärztezentrum «Doktorhuus» in Gurmels, Kanton Freiburg.
  • Das Kantonsspital Baden eröffnete im Juni 2016 eine Tagesklinik mit verschiedenen medizinischen Spezialitäten, die zuvor nur in Aarau angeboten worden waren.
  • Das Spital Zollikerberg eröffnete im Oktober 2015 eine Frauen-Permanence beim Bahnhof Stadelhofen in Zürich.
  • Die Spital Thurgau AG übernahm 2013 eine Hausarztpraxis in Stein am Rhein. 

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