Krankenkassen streiten über ihr Erspartes

Die hohen Reserven der Schweizer Krankenkassen sind zum Konfliktfall geworden: Die einen Kassen wollen das Ersparte behalten, die anderen ausgeben.

, 16. April 2021 um 06:32
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Die vier grossen Krankenkassen CSS, Helsana, Sanitas und KPT sind etwas enttäuscht vom Bundesrat: Er erlaubt ihnen nun zwar, ihre grossen Geldreserven anzuknabbern. Nur dürfen sie damit nicht die Prämien tiefer ansetzen, sondern sollen es ihren Versicherten direkt verteilen, wie Medinside hier berichtete.

Auch nicht kostendeckende Prämien

Curafutura, der Verband dieser vier Versicherungen, kritisiert deswegen den Bundesrat: Er hätte dafür sorgen sollen, dass Krankenkassen mit hohen Reserven ihre Prämien künftig so festlegen dürften, dass sie nicht zwingend kostendeckend sind.
Das würde nach Meinung von Curafutura die langfristige Stabilisierung der Prämienermöglichen, ohne die Solvenz der Krankenversicherer zu gefährden.

Hätte Konkurrenz belebt

Der Verband ist auch überzeugt davon, dass davon die Versicherten profitieren würden, weil alle miteinander konkurrierenden Versicherer ein Interesse daran gehabt hätten, für die nächsten Jahre niedrigere Prämien vorzuschlagen.
Ganz anderer Meinung ist der Verband Santésuisse, dem die übrigen Krankenkassen angeschlossen sind. Sie wollen ihre Ersparnisse vorläufig horten: «Die Reserven der Krankenversicherer garantieren gerade in der aktuellen Krise hochwillkommene Stabilität. Deshalb wäre es falsch, ausgerechnet jetzt einen Reserveabbau vorzunehmen», findet Santésuisse.

Gefährliche Wette?

Dass der Bundesrat den Abbau der Reserven nun erleichtert, findet der Verband falsch. «Damit geht der Bundesrat eine gefährliche Wette ein. Tiefere Reservequoten erhöhen die Risiken im Krankenversicherungsmarkt und führen letztlich zu einer volatileren Prämienentwicklung», warnt der Verband.
Und er warnt vor dem Ansinnen der Curafutura-Kassen: «Prämien dürfen weiterhin nur dann genehmigt werden, wenn sie kostendeckend sind. Alles andere wäre gegen das Gesetz.»

Mehr Jo-Jo-Prämien befürchtet

Die Auflösung der Reserven will Santésuisse nicht der Politik «per Ferndiagnose» überlassen. Der Verband fürchtet, dass es bei zu knappen Prämienberechnungen zu mehr Prämienkorrekturen käme. «Einen solchen gesellschaftlich und wirtschaftlich unerwünschten Jo-Jo-Effekt mussten die Prämienzahler in der Vergangenheit wiederholt hinnehmen.»
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