Jetzt online: Übersetzungs-Hilfe für Tarmed-Abrechnungen

Der Versicherer Atupri hat ein Programm aufgeschaltet, mit der Arzt- und Spitalrechnungen ins Alltagsdeutsch übersetzt werden können. Dies dürfte erst der Anfang sein.

, 11. Januar 2017 um 11:29
image
  • versicherer
  • praxis
Als erster Versicherer bietet Atupri ab sofort eine Übersetzungshilfe, mit der Arzt- und Spitalrechnungen in eine verständliche Sprache übersetzt werden können. Die Absicht dahinter: mehr Transparenz – und eine bessere Kostenkontrolle. 
Das Übersetzungstool steht im Kundenportal myAtupri automatisch zur Verfügung. Wer die übersetzte Version will, zieht mit der Maus einen Schieber über die Rechnung, dann erscheinen die einzelnen Posten in einer neuen Sprache. Statt «Applanationstonometrie» heisst es also beispielsweise «Augenuntersuchung». 
Derzeit können mehrere 10'000 Bezeichnungen übersetzt werden – auch die englische Sprache wurde integriert.

Bis zu zehn Linguisten im Einsatz

Die Idee wird seit letztem Jahr öffentlich diskutiert: Die Suva kündigte im Mai an, dass sie eine Software entwickeln will, welche Arztrechnungen quasi liest und in Alltagssprache übersetzt. Mit der Entwicklung beauftragt wurde die Elca Informatik AG, zusammen mit einem Team von Linguisten der Zürcher Hochschule der Angewandten Wissenschaften ZHAW. 
Das neue Angebot von Atupri basiert auf diesen Arbeiten, die von der Suva unterstützt worden waren. Oder anders: Atupri setzt als erster Versicherer die Übersetzungs-Möglichkeiten in der Praxis ein. Laut einer Suva-Sprecherin könnte das Angebot auch anderen Krankenkassen offenstehen.

«Arzt-Patienten-Kommunikation auf Augenhöhe»

«Für uns war von Beginn weg wichtig, mit dieser Software Transparenz im Gesundheitswesen zu schaffen», sagt Suva-Sprecherin Gabriela Hübscher: «Wir verfolgen das Ziel, dass die Arzt-Patienten-Kommunikation auf Augenhöhe stattfinden kann. Dafür muss der Patient aber seine Rechnung verstehen können. Dies gilt nicht nur für Rechnungen, die unsere Versicherte wegen eines Unfalls erhalten, sondern für alle Arztrechnungen.»
Die Suva selber lässt derweil weiter an einer App arbeiten, mit der die Arztrechnungen eingescannt und dann «verdeutscht» werden können; erste Anwendungstests dürften im April erfolgen, die Lancierung ist für Herbst vorgesehen.

Der Druck steigt

Worum es in einer zweiten Stufe geht, ist offensichtlich: Arztrechnungen werden so besser überwacht, der allgemeine Druck auf die Mediziner und Spitäler steigt – und dies könnte kostendämpfende Folgen haben. Ganz im Interesse der Versicherer.
Denn durch die Sprache in den heutigen Rechnungen, so schreibt Atupri selber in der Mitteilung, entfalle «eine wichtige Kontrolle der erbrachten Leistung durch die einzige Person, die dies tun könnte – nämlich der Patient selbst. So kommt es immer wieder vor, dass auf den Artzrechnungen falsche Leistungen erscheinen.»
«Wir sind stolz, dass wir unseren Versicherten mit der Lancierung unseres Tarmed-Übersetzers einen effektiven Mehrwert bieten und für mehr Transparenz sorgen», sagt Kaspar Trachsel, Leiter Marketing und Vertrieb. «Als Gesundheitsversicherung wollen wir mit unseren Kundinnen und Kunden einfach und verständlich kommunizieren. Dies gilt besonders für die bisher nur schwierig zu verstehenden Tarmed-Arztrechnungen.»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Arzt wies Patienten ab – wegen seiner Parteizugehörigkeit

Dieser Fall versetzte Deutschland in Aufruhr: Ein Hausarzt wollte einen Patienten nicht mehr – weil er bei der AfD-Partei ist.

image

Migros: 1,3 Milliarden Umsatz im Gesundheitswesen

Der Detailhandels-Konzern baut sein Healthcare-Netzwerk auch nach dem Abgang von Fabrice Zumbrunnen aus.

image

Ex-KSW-Chefarzt lanciert interventionell-radiologische Tagesklinik

Christoph Binkert verbündet sich mit dem Medizinisch-Radiologischen Institut MRI in Zürich.

image

Assura gibt ihr Vorschuss-System auf

Die Krankenversicherung Assura bezahlt Arzt- und Apothekenrechnungen künftig direkt. Versicherte müssen das Geld nicht mehr vorschiessen.

image

Thomas Boyer und die vier Hauptprobleme im Gesundheitswesen

Der Chef der Groupe Mutuel prüft den Austritt aus dem Kassenverband Santésuisse.

image
Gastbeitrag von Peter Baumgartner

Ambulante Psychiatrie: Ohne neue Berufsprofile und KI wird’s kaum gehen

Der Fachkräftemangel in der Psychiatrie verlangt einen massiven Umbau der Versorgung. Aber wie? Ein realistisches Zukunftsszenario.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.