Insulinpumpen: Preisüberwacher verlangt ernsthafte Schritte

Schweizer Diabetiker bezahlen für ihre Insulinpumpe doppelt soviel wie Patienten in der EU. Das soll ändern. Eine Idee: Ärzte könnten verpflichtet werden, jeweils das günstigste Modell zu zeigen.

, 3. Januar 2018 um 10:42
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Bei Insulinpumpen gibt es in der Schweiz drei Lieferanten und zwei Arten von Pumpen: Pumpen mit Schlauch, produziert von Medtronic und Roche; sowie Pumpen in Form einer Patch- Pumpe, angeboten von Ypsomed.
Dies verschafft den Anbietern natürlich einen gewissen Freiraum bei der Preisgestaltung. Zudem vergütet die Grundversicherung lediglich in der Schweiz erhältliche Insulinpumpen – Parallelimporte sind nicht möglich.
Die Mittel- und Gegenständeliste sieht obendrein nur die Vergütung der Mietkosten vor: Die Versicherten müssen Verträge mit vierjähriger Laufzeit eingehen – und danach wieder ein neues Modell nehmen, selbst wenn das alte noch bestens funktioniert.
Nun hat der Preisüberwacher im Mai 2017 Abklärungen bei den Herstellern Insulinpumpen durchgeführt. Er erhob die Preise solcher Produkte in der Schweiz und in Belgien, Dänemark, Deutschland, Grossbritannien, Finnland, Frankreich, Niederlande, Österreich und Schweden.

Bis 4'360 Franken pro Jahr

Klar wurde: Bei den Verbrauchsmaterialien liegen die Preise im Schnitt mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau wie in den Vergleichsländern. Bei den Insulinpumpen sind die Verhältnisse aber völlig schief: Diabetikerinnen und Diabetiker müssen hierzulande schlicht doppelt so viel bezahlen wie in den EU-Ländern. 
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Insulinpumpe und Verbrauchsmaterial: Durchschnittspreise in der Schweiz und im Ausland (EU-9) | Grafik/Quelle: Preisüberwacher
Insgesamt schätzt die Preisüberwachung, dass sich die Gesamtkosten für Pumpe und Verbrauchsmaterial für einen Diabetiker in der Schweiz auf 3’200 bis 4’360 Franken pro Jahr belaufen. Auch die Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie SGED kam auf ähnliche Werte, sie liegen zwischen 3’500 und 4’360 Franken pro Jahr. 
Das heisst insgesamt: In Europa liegen die jährlichen Durchschnittskosten in der Diabetes-Therapie um rund 25 Prozent unter jenen in der Schweiz.

  • Zum Newsletter 6/17 des Preisüberwachers

Der Preisüberwacher kommt nun zum Schluss, dass im Insulinpumpen-Bereich die Kriterien von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit viel zuwenig berücksichtigt sind. Deshalb «sollten auf dem Schweizer Insulinpumpenmarkt unbedingt angemessene Anreize für einen wirksamen Wettbewerb zwischen den Herstellern geschaffen werden», schreibt das Büro des Preisüberwachers im neusten Newsletter. Und weiter: «Die Versicherten sollten eine Auswahl bei den Leistungen haben (Kauf oder Miete) und die Preistransparenz sollte erhöht werden.»
Deshalb empfiehlt Stefan Meierhans nun diverse Massnahmen:

  • Wahlmöglichkeit: Es muss möglich sein, Insulinpumpen auch – im Einklang mit der MiGeL – zu kaufen. Eine entsprechende Empfehlung sei bereits im Juli Alain Berset unterbreitet worden.
  • Mehr Wettbewerb: Einführung einer Vergütungspflicht für im Ausland gekaufte Mittel und Gegenstände – inklusive Insulinpumpen.
  • Mehr Transparenz: Erhöhung der Preistransparenz und Verbesserung der Informationen über die Preise von Insulinpumpen für die Versicherten. Beispielsweise könnten Ärzte verpflichtet werden, den Patienten jeweils das gemäss den WZW-Kriterien vorteilhafteste Modell zu zeigen. 


Schliesslich sollten sich die in der MiGeL aufgeführten Höchstvergütungsbeträge zwingend auf einen Auslandpreisvergleich stützen und jährlich angepasst werden. 
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