Der Entscheid wurde vor allem wegen seiner Wirkung beachtet: Denn damit wurden Millionen Amerikaner am Montag schlagartig krank. Der Grund: Die American Heart Association und das College of Cardiology hatten neue Richtlinien veröffentlicht, laut denen ein Blutdruck über 130/80 mmHg kritisch sei – jenseits der Normalität. Zuvor hatte ein Wert bis 140/90 noch als normal gegolten.
Man reagiere damit auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wonach auch in diesem tieferen Bereich Zusammenhänge zwischen dem Blutdruck und dem Risiko für kardiovaskuläre Vorfälle und für Hirnschlag bestehen, so die Begründung. Amerikanische Medien
rechneten sogleich vor, dass damit rund 30 Millionen Personen in einen kritischen Bereich geraten sind – wobei allerdings in der Folge nur gut 4 Millionen Menschen neu eine medikamentöse Behandlung erhalten dürften.
In der Schweiz gilt derweil immer noch ein
Zielwert von unter 140/90 für die allgemeine Bevölkerung. Die European Society of Cardiology, an der sich auch die Schweiz orientiert, bezeichnet 130-139/89 als «hochnormal».
Versuchen, stärker zu differenzieren
Allerdings werden auch diese Richtwerte derzeit überprüft. Die Ergebnisse – und wohl auch neuen Werte – sollen kommenden Juni vorliegen.
«Ich bin erstaunt, dass mit der neuen Definition plötzlich so viele Menschen in den USA mit der Krankheit Bluthochdruck konfrontiert werden», sagte Roland Schmieder vom Universitätsklinikum Erlangen
gegenüber dem «Spiegel»; Schmieder wirkt an den europäischen Leitlinien für Bluthochdruck mit. «Auch in Europa und in Deutschland werden wir die Zielwerte voraussichtlich senken», sagte Schmieder weiter. «Aber wir werden versuchen, stärker zu differenzieren, um eine Übertherapie zu verhindern.»
Wissenschaftliche Daten hätten jedenfalls in den letzten Jahren deutlich gezeigt, dass es sinnvoll sei, niedrigere Zielwerte anzustreben, so Schmieder weiter: «Ob die Werte auf 135/85 oder 130/80 gesenkt werden, ist aber noch unklar.»
Und so werde es auch in der Schweiz gewiss Diskussionen geben, bestätigt Yves Allemann, der Präsident der
Schweizerischen Gesellschaft für Hypertonie SHG: «Meistens warten wir auf die europäischen Richtlinien, bevor wir unsere eigenen anpassen – also frühestens Ende 2018.»
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