25'000 Unterschriften gegen übermüdete Ärzte

Der Verband der Assistenz- und Oberärzte VSAO hat heute in Bern eine Petition eingereicht: Gefordert wird, dass in den Spitälern endlich das Arbeitsgesetz durchgesetzt wird.

, 2. September 2015 um 14:00
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24‘198 Unterschriften: So viele kamen zusammen, seit der Berufsverband VSAO im Mai seine Aktion «Spital illegal» startete. Die Petition gegen die überbordenden Arbeitszeiten an den Schweizer Spitälern wurde heute in Bern beim Wirtschafts-Staatssekretariat Seco eingereicht.
Die Zahl der innert drei Monaten gesammelten Unterschriften zeige den «grossen Rückhalt unserer Forderungen in der Bevölkerung», so der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte.
Schliesslich hätten alle Menschen als Patienten respektive potentielle Patienten ein Interesse daran, dass die Angestellten in den Spitälern nicht übermüdet und ausgebrannt sind.

Je mehr Überzeit, desto weniger Vertrauen

Bekanntlich liegt die Arbeitzeit von Assistenzärzten an Schweizer Spitälern bei durchschnittlich 56,5 Stunden pro Woche – und damit über den Werten, die das Arbeitsgesetz vorsieht.
Andererseits unterstehen die Spitalärzte seit zehn Jahren dem Arbeitsgesetz. Womit die maximale Wochenarbeitszeit eigentlich auf 50 Stunden begrenzt wäre.
Der VSAO beruft sich zudem auf eine repräsentative Umfrage, wonach drei Viertel der Schweizer sich vor übermüdeten Spitalärzten fürchten. Konkret: Wenn Assistenz- und Oberärzte mehr als zwölf Stunden am Tag arbeiten, dann sinkt bei 3 von 4 Personen das Vertrauen in die Qualität der Behandlung.

Was wollen die Ärzte selber?

Die Umfrage wurde zu Jahresbeginn vom Institut Link durchgeführt. Sie besagt ferner, dass der Durchschnittswert der Arbeitszeit, welche die Bevölkerung als «richtig» für Spitalärzte erachtet, bei 44,3 Stunden pro Woche liegt. Knapp 70 Prozent der Befragten wünschten Kontrollen der Spitäler durch kantonale Arbeitsinspektorate.
Eine andere Frage ist freilich, was die betroffenen Ärztinnen und Ärzte selber vorziehen. Bekanntlich gibt es auch Spitalmediziner, die einen Zweischicht-Betrieb schätzen – oder überhaupt die flexibleren Modelle, die sich jenseits des Arbeitsgesetzes anwenden lassen. 
Nico van der Heiden vom VSAO erinnert aber an eine Umfrage unter den VSAO-Mitgliedern: Diese ergab im Jahr 2013, dass sich der Arbeitszeit-Wunsch einer Mehrheit bei 42 Stunden einpendelt. Ein möglichst geregelte Situation, so der stellvertretende Geschäftsführer des Verbandes, würde sicher mehrheitlich vorgezogen.

Weniger Bürokratie für junge Mediziner

Die Hauptforderung des VSAO lautet also, dass das Arbeitsgesetz bei Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzten mittels staatlicher Kontrollen durchgesetzt wird. Und zur Umsetzung stellt der Verband die Forderung in den Raum, dass die Assistenz- und Oberärzte von administrativen Aufgaben entlastet werden. 
Bei der heutigen Begegnung in Bern hätten die Vertreter des Seco zugesichert, dass das Problem weiter auf dem Radar bleibe. Der VSAO selber arbeitet nun daran, im Kontakt mit den Kantonen sowie mit den Spitälern selber auf die Einhaltung respektive Durchsetzung des Arbeitsgesetzes zu pochen.
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