Nationalrat schluckt die bittere Pille

Auch der Nationalrat will die Pflege analog der stationären und ambulanten Behandlungen einheitlich finanzieren.

, 13. September 2023 um 18:09
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FDP-Nationalrätin Regine Sauter: «Es darf bei der Finanzierung keine Rolle mehr spielen, wo eine Behandlung erfolgt, ob im Spital oder in einer Arztpraxis. » | Screenshot
Es ist die wohl wichtigste gesundheitspolitische Vorlage der laufenden Legislatur: Efas, die einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen. Am späteren Mittwochnachmittag debattierte der Nationalrat darüber.
Der umstrittenste Punkt ist der Einbezug der Pflege in die einheitliche Finanzierung. Es waren die Kantone, die darauf pochten und damit die Verzögerung der Vorlage verursachten. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat die bittere Pille geschluckt und den Einbezug der Pflege mit 130 zu 57 Stimmen gutgeheissen. Einzig die SVP votierte dagegen.

Ausgewählte O-Töne aus der Efas-Debatte

Regine Sauter (FDP, ZH): «Seit sage und schreibe 14 Jahren beschäftigt sich unser Parlament mit einem Geschäft mit dem Titel Efas, kurz für einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen. Der Nationalrat beschäftigt sich sogar zum ersten Mal in dieser Legislatur mit diesem Geschäft, vorher war es längere Zeit im Ständerat blockiert.»
Jörg Mäder (GL, ZH): «Unser Gesundheitswesen ist gut, aber nicht gut finanziert. (...) Das führt zu Fehlanreizen, die es mit dieser Vorlage zu beseitigen gilt.»
Léonore Porchet (Grüne, VD): «Efas wird keine Wunder schaffen. Efas wird die Probleme der Kosten und Mehrkosten der Krankenversicherungen nicht lösen.»
Pierre-Yves Maillard (SP, VD): «Die Kantone müssen wissen, was sie im ambulanten Bereich bezahlen, dass sie nicht gezwungen sind, weiterhin überteuerte Dienstleistungen zu bezahlen, nur weil sich die Tarife nicht schnell genug ändern und weil die Tarifpartner nicht in der Lage sind, ein flexibles Tarifsystem anzubieten.»
Andreas Glarner (SVP, AG): «Letztendlich - das müssen wir uns immer wieder bewusst machen - sind diese Kantonsbeiträge Steuergelder. Es findet also eine Umverteilung statt. Steuerzahler sollten nicht über Gebühr belastet werden, deshalb muss der Kantonsbeitrag massvoll und angemessen sein. Am besten ist es natürlich, wenn Sie der Minderheit Aeschi Thomas folgen und dem Satz von 24,5 Prozent zustimmen.»
Manuela Weichelt (Grüne, ZG): «Leider muss ich meinem geschätzten Vorredner fundamental widersprechen. Meine Minderheit bittet Sie, den Kostenbeitrag der Kantone an die Leistungen des KVG auf 30 Prozent zu erhöhen. - Es gibt da nichts zu lachen!»
Barbara Gysi (SP, SG): «Ich möchte die Verbände des Pflegepersonals in die Tariforganisation einbeziehen. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Sicht des Personals aktiv eingebracht werden kann. Das ist sehr wichtig, weil sich die Interessen der Arbeitnehmendenverbände nämlich nicht zwangsläufig mit den Interessen der Leistungserbringenden decken.»
Thomas de Courten (SVP, BL): «Die SVP unterstützt Efas, vorausgesetzt, die Rechnung geht auch für die Prämienzahlerinnen und -zahler auf. Andernfalls drohen weitere Prämienschübe, die sich viele Versicherte bald nicht mehr leisten können. Genau dieses Szenario droht, wenn die Pflege ebenfalls in die Efas-Vorlage integriert würde; es würde bedeuten, dass langfristige hohe Mehrkosten in die OKP überwälzt würden. Die erhoffte positive Wirkung von Efas, die Kostensenkung, würde mit der Integration der Pflege zunichtegemacht, und es käme zu einer erheblichen Zusatzbelastung für die Versicherten.»
Flavia Wasserfallen (SP, BE): «Wir müssen auch ehrlich sein: Efas ohne Einbezug der Langzeitpflege hat kaum Chancen, zum Fliegen zu kommen. Es macht wenig Sinn - ob uns das jetzt Freude macht oder nicht -, eine solch einschneidende und grosse Reform gegen den Willen der Kantone durchzudrücken.»
Thomas Aeschi (SVP, ZG): «Wenn Sie jetzt die Langzeitpflege in diese Vorlage integrieren, so kann ich Ihnen versichern, dass die Folge eine massive Kostenverlagerung zulasten der OKP sein wird.»

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