Die Privatkliniken fühlen sich als Sündenböcke

Der Waadtländer Gesundheitsdirektor ortet die Privatspitäler als Kostentreiber – jetzt feuern diese verbal zurück. Letztlich dreht sich das Gerangel um die freie Spitalwahl.

, 17. Juni 2016 um 13:07
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Der Ton ist klipp und klar. Da ist die Rede von «demagogischen medialen Attacken» oder schlicht von «falschen Behauptungen», und zuoberst heisst es: «Verantwortung übernehmen statt Privatspitäler verteufeln, Herr Maillard!»
Dieser Titel steht über einer Stellungnahme des Verbandes Privatkliniken Schweiz PKS. Worum geht es? Auslöser war eine Aussage, die der Waadländer Regierungsrat Pierre-Yves Maillard unlängst im «Matin Dimanche» geäussert hatte: Danach löste die Liberalisierung des Spitalmarktes ab 2012 einen massiven Kostenschub in der Grundversicherung aus; konkret stiegen die Kosten in den Jahren seither um 15 Prozent – nachdem sie in den vier Jahren vor 2012 lediglich um 10 Prozent gewachsen waren.

«Sand in die Augen»

«Man verdankt also den Inspiratoren dieser Liberalisierung – zu finden bei bürgerlichen Parlamentariern, die Versicherern und Privatkliniken nahe stehen –, einen Kostenüberschuss von 5 Prozent, sprich einer Milliarde Franken zulasten der Grundversicherung», schrieb der sozialdemokratische Gesundheitsdirektor in seinem Meinungsbeitrag. 
Für den PKS ist dies ein «Versuch, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen» – und diesen Versuch verurteile man in aller Schärfe. 
Die freie Arzt- und Spitalwahl sei im Gegenteil eine Erfolgsgeschichte: Sie fördere die Qualität und dämpfe den Kostenanstieg. Vor allem: «Dazu leisten insbesondere die im Wettbewerb stehenden Privatspitäler einen wesentlichen Beitrag.»

Es geht um die Einheitskasse 2.0

Die Attacken von Pierre-Yves Maillard seien schlicht ein Versuch, sein Einheitskassenprojekt «mithilfe von falschen Behauptungen zulasten der Privatspitäler voranzubringen», so der PKS (mehr zu den Einheitskassen-Projekten in der Romandie finden Sie hier). 
Konkret rechnet der Privatspitäler-Verband nun vor, dass die stationäre Versorgung seit 2012 eine deutlich unterdurchschnittliche Kostenentwicklung aufweise – während in den fünf Jahren zuvor ein deutlich höherer Kostenanstieg eintrat. Dazu leisteten die Privatspitäler mit tieferen Baserates bei vergleichbarer Fallschwere einen wesentlichen Beitrag.

Man bedenke die leisen Subventionen

Immerhin unterböten die festgelegten Preise der Spitalleistungen für Privatspitäler die Tarife für öffentliche Spitäler um durchschnittlich 4 Prozent – und in Maillards Kanton Waadt übersteige die Abgeltung den schweizerischen Durchschnitt nochmals um 4 Prozent. 
Zudem subventioniere der Kanton Waadt seine Spitäler mit jährlich Dutzenden von Millionen Franken via so genannte gemeinwirtschaftliche Leistungen und via verdeckte Investitionshilfen. 
«Regierungsrat Maillard würde gut daran tun, seine Verantwortung als Gesundheitsdirektor wahrzunehmen, statt mit falschen Behauptungen Sündenböcke für die nächsten Prämienerhöhungen zu suchen», so das Fazit der Privatspäler-Organisation.
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