Eine Einsprache kommt das Spital in Brig teuer zu stehen

Der Spitalneubau in Brig wird teurer als budgetiert, auch wegen einer Einsprache. Damit war zu rechnen. Doch was passiert nun mit dem Spital in Visp?

, 12. August 2022 um 07:38
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137,5 Millionen Franken waren für den Neubau des Spitals in Brig veranschlagt worden. Nun sollen es 152,4 Millionen werden. Stefan Brunner, Leiter Dienste und Investitionen im Spitalzentrum Oberwallis (SZO), bestätigt die Mehrkosten von 14,9 Millionen gegenüber dem «Walliser Boten».
Es sei vor allem die Preisentwicklung des Baumaterials, die zu den geschätzten Mehrkosten von über 11 Prozent geführt hätten. Durch Baueinsprachen wurde das Projekt um rund zwei Jahre verzögert, dadurch falle der Bau nun in eine denkbar schlechte Zeit - in eine Zeit hoher Inflation. Wobei die genannten 11 Prozent nur minimal über der Teuerung des Baukostenindexes der Genferseeregion liege. Dieser belief sich seit 2019 auf 9,5 Prozent. 
Nun muss der Grosse Rat in Sitten die Budgetüberschreitung absegnen. Laut Beobachtern dürfte das Unterfangen kaum auf Widerstand stossen. Auch der Spitalneubau in Sitten wird 22 Millionen Franken teurer als budgetiert.

Amortisiert in 25 Jahren

Nach Einschätzung der Spitalverantwortlichen soll das SZO die Mehrkosten stemmen und die Hypothek über die nächsten 25 Jahre zusätzlich zur ordentlich geplanten Verschuldung amortisieren können. 
Wie hier berichtet, sieht das Projekt unter anderem vor, den bestehenden Sockelbau zu erweitern und neu zu organisieren. Zudem soll der bestehende Rundbau aus den 70er-Jahren und der Bettentrakt saniert werden. Verläuft alles nach Plan, sollte das Bauvorhaben Mitte 2028 abgeschlossen sein.

Was passiert mit Visp?

Mit dem Abschluss des Bauvorhabens soll das SZO ihre Aktivität in Brig bündeln. Was aber mit seinem Spital im zehn Kilometer entfernten Visp passieren soll, ist noch offen. Die Rede ist von Pflegebetten. Die Frage ist nur, wer die zum Pflegeheim umfunktionierte Einrichtung bewirtschaften soll. 
Die SP Visp hat eine klare Vorstellung: Das SZO soll das Pflegeheim betreiben. So war es Anfang Woche im «Walliser Boten» zu lesen. Zu lesen war auch, was SZO-Direktor Hugo Burgener zum «Vorschlag aus der roten Feder» zu sagen hat: «Stand heute betreibt das Spital Wallis keine Alters- und Pflegeheime im Kanton. Doch der Vorschlag vonseiten der örtlichen SP muss nun geprüft und detailliert analysiert werden.»

Kurze Geschichte zur Einsprache

Der Walliser Bote nannte ihn am 16. Oktober 2021 «der Sand im Getriebe des 100-Millionen-Franken-Projekts zum Bau des neuen Oberwalliser Spitals». Er ist Anwohner des Spitals in Brig-Glis. Seit der Auflage des Baugesuchs beschäftigt er Behörden und Gerichte. 
Nachdem der Mann sowohl beim Staatsrat wie auch beim Walliser Kantonsgericht abgeblitzt war, zog er im Sommer 2021 seine Einsprache ans Bundesgericht weiter. Er bemängelte die gleichen Punkte wie schon 2018: Grenzabstand, Geschossanzahl, Gebäudehöhe, Gewässerschutz, Baulärm, Helikopterlärm sowie Entzug von Sonne und Licht durch Schattenwurf. All das sei anzupassen.
Immerhin: Kriegte er zwei Millionen, würde er sich mit dem Spital gütlich einigen.
«Ein Mann kann eben doch alles verändern. Oder, wie im Fall des Spitalneubaus in Brig zumindest blockieren», schrieb der «Walliser Bote» damals vor knapp einem Jahr. Was aber das Regionalblatt noch nicht wissen konnte: Ein Mann kann nicht nur blockieren; er kann auch für happige Mehrkosten sorgen - zulasten aller Steuerzahlenden.
Stellungnahme des Schweizer Presserats 30/2023 vom 6. November 2023
I. Sachverhalt
A. Am 12. August 2022 veröffentlichte die Onlinepublikation «Medinside» unter dem Titel «Eine Einsprache kommt das Spital in Brig teuer zu stehen» einen Artikel gezeichnet von «cch». Untertitel des Textes: «Der Spitalneubau in Brig wird teurer als budgetiert, auch wegen einer Einsprache. Damit war zu rechnen. Doch was passiert nun mit dem Spital in Visp?» Im Artikel wird mit Bezugnahme auf den «Walliser Bote» (WB) berichtet, dass der Bau des «Spitalzentrum Oberwallis, SZO» in Brig infolge von Verteuerungen beim Baumaterial um 14,9 Millionen Franken auf 152,4 Millionen Franken zu stehen kommen werde und dass die Mehrkosten vom Grossen Rat vermutlich bewilligt werden würden. Ebenso wird berichtet, dass noch offen sei, was gleichzeitig mit dem ebenfalls vom SZO betriebenen Spital ni Visp geschehen soll, voraussichtlich werde dort ein Pflegeheim eingerichtet. Schliesslich wird unter dem Zwischentitel «Kurze Geschichte zur Einsprache» ein Mann erwähnt, der laut WB vom 16. Oktober 2021 Christof Wyer «heissen soll». Er beschäftige seit Auflage des Baugesuchs Behörden und Gerichte und sei «Sand im Getriebe des 100-Millionen-Franken-Projekts». Nachdem dieser Mann sowohl beim Staatsrat wie auch beim Walliser Kantonsgericht abgeblitzt sei, habe er seine Einsprache im Sommer 2021 ans Bundesgericht weitergezogen. Er bemängle den Grenzabstand zu seinem Grundstück, Geschosszahl, Gebäudehöhe, Gewässerschutz, Baulärm, Helikopterlärm und Entzug von Sonne und Licht. «Immerhin: Kriegte er zwei Millionen, würde er sich mit dem Spital gütlich einigen.» Schlusssatz des Artikels: «Ein Mann kann nicht nur blockieren; er kann auch für happige Mehrkosten sorgen - zulasten aller Steuerzahlenden.»
B. Am 23. Oktober 2022, auf Nachfrage des Presserats ergänzt am 14. November 2022, reichte Christof Wyer Beschwerde gegen den Artikel beim Schweizer Presserat ein. Der Beschwerdeführer macht einen Verstoss gegen die Ziffer
1 (Wahrheit), die Ziffer 3 (Umgang mit Quellen) und insbesondere die Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) zur Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») geltend.
Zur Begründung führt er an, «Medinside» habe gegen die Wahrheitspflicht verstossen, indem behauptet worden sei, er habe einen Einspruch gegen die Baubewilligung durch alle Instanzen gezogen. Richtig sei, dass es in den von ihm angestrengten Verfahren bisher ausschliesslich um die Frage der aufschiebenden Wirkung gegangen sei. Die Gerichte hätten noch gar nicht ni der Substanz urteilen können. Damit wird auch der
Verstoss gegen die Ziffer 3 der «Erklärung» begründet: Es seien Angaben aus dem «Walliser Bote» nicht nur falsch wiedergegeben, sondern auch nicht auf ihre Richtigkeit überprüft worden. Die Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) sei schliesslich verletzt, weil der Beschwerdeführer am Schluss des Artikels eines schweren Vergehens, nämlich einer Erpressung, beschuldigt werde, ohne dazu angehört worden zu sein. Die dort kolportierte Behauptung, wonach er bereit gewesen wäre, seine Einsprache gegen zwei Millionen Franken zurückzuziehen, sei zudem falsch (Ziffer 1 der «Erklärung»), er habe lediglich einen Liegenschaftsabtausch vorgeschlagen, mit dem der Streit hätte beendet werden können, weil er damit seine Aktivlegitimation gegenüber dem Baugrundstück verloren hätte. Die zwei Millionen entsprächen dabei dem Verkehrswert seiner Liegenschaft.
C. Am 21. Dezember 2022 nahm Chefredaktor Christoph Meier für «Medinside» zur Beschwerde Stellung. Der Beitrag sei mit Quellenangabe «Walliser Bote» geschrieben worden. Der Beschwerdeführer habe sich noch am Tag der Publikation per Mail über die Nennung seines Namens beschwert, worauf der Autor diesen unverzüglich aus dem Artikel gelöscht habe. «Für die Leserschaft von Medinside tut der Name nichts zur Sache.» Eine Woche später habe sich der Beschwerdeführer erneut gemeldet mit der Bemerkung, die Löschung seines Namens tue auch seinerseits nichts zur Sache, der Schaden sei bereits
angerichtet. Er habe einen neuen Artikel der gleichen Grössenordnung verlangt, mit gleicher Bebilderung, die Berichtigung dürfe aber erst nach seiner Durchsicht erfolgen. Nach dieser Intervention habe sich Redaktor «cch»,
Claude Chatelain, bei der Verwaltung ni Sitten erkundigt und bestätigt erhalten, dass der Artikel des WB der Wahrheit entspreche. Die Forderung des Beschwerdeführers sei unangemessen. Tatsache sei, dass der Neubau wegen Einsprachen teurer werde als geplant. Die Rolle des Beschwerdeführers dabei interessiere die Leserschaft von «Medinside» nicht, der Artikel habe am Tag des Erscheinens auch nur 31 Klicks generiert.
Zur Frage der Anhörung bei schweren Vorwürfen oder zur fehlerhaften Darstellung der Verfahren mi Zusammenhang mit dem Spitalumbau nimmt «Medinside» nicht Stellung.
D. Am 4. April 2023 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde gemäss Artikel 13 Abs. 1 vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Jan Grüebler, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 6. November 2023 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
Il. Erwägungen
1. Zu Wahrheit und Umgang mit Quellen (Ziffer 1und 3): Der Beschwerdeführer kritisiert, dass «Medinside» unrichtige Sachverhaltsdarstellungen des «Walliser Bote» ungeprüft übernommen und damit - letztlich - die Ziffern 1 (Wahrheit) und 3 (Umgang mit Quellen) verletzt habe. Da die Zifer 3eine Präzisierung von Ziffer 1der «Erklärung» beinhaltet, wird der Fal unter dem Aspekt der Ziffer 3 untersucht. Der Artikel von «Medinside» entspricht ni den ersten drei Vierteln einer teilweise wörtlich übernommenen, gekürzten Fassung des Artikels des WB vom gleichen Tag, dem 12. August 2022. Die Passage über den Beschwerdeführer selber mit den darin enthaltenen Vorwürfen: Verzögerung des Bauprojekts durch Einsprachen, Mehrkosten, die Forderung von zwei Millionen Franken gegen den Rückzug der Beschwerden, bezieht sich - so deklariert - auf einen früheren Artikel des WB vom 16. Oktober 2021.
2. Was die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Inhalte betrifft, so moniert der Beschwerdeführer, «Medinside» habe falsche Angaben des WB ohne Überprüfung wiedergegeben. So sei unter anderem das Beschwerdeverfahren falsch geschildert worden. Dieses habe sich bis anhin nicht um Elemente der Baubewilligung gedreht, sondern ausschliesslich um die Frage der aufschiebenden Wirkung seiner Einsprache. «Medinside» nimmt zu diesem Vorhalt nicht Stellung. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass gemäss der ständigen Praxis des Presserates Textelemente von professionellen journalistischen Medien bei entsprechender Quellenangabe ohne Nachrecherche übernommen werden dürfen (Stellungnahme 3/1992), solange keine Widersprüchlichkeiten oder andere Anlässe dazu bestehen, einzelne Elemente nachzuprüfen (Stellungnahmen 72/2020, 91/2020).
In dieser Hinsicht ist «Medinside» kein Vorwurf zu machen, auch wenn der Presserat in einem Entscheid zum gleichen Sachverhalt (der zur Zeit der Publikation des vorliegenden Artikels aber noch nicht publiziert war: 46/2022) den «Walliser Bote» gerügt hat, weil er den Inhalt der vom Beschwerdeführer geführten Verfahren ni der Tat falsch wiedergegeben hat.
Dennoch: Ein Anlass, die Quelle «Walliser Bote» in dieser Sache zu hinterfragen, hat zum Zeitpunkt des Erscheinens des «Medinside»-Berichts nicht bestanden, mit der Zitierung des WB per se hat «Medinside» nicht gegen die Ziffer 3 der «Erklärung» verstossen.
3. Anders sieht es aus, wenn ein schwerer Vorwurf übernommen wird, ohne dass der Beschuldigte dazu hat Stellung nehmen können. Im konkreten Fall ist ein schwerer Vorwurf gegeben: Die behauptete Forderung von zwei Millionen Franken gegen die Einstellung von Beschwerden entspricht der bisherigen Definition des Presserates von «schweren Vorwürfen», nämlich einem illegalen oder vergleichbaren Verhalten (Fussnote: Die neue Regelung von Richtlinie 3.8, die seit 1. Mai 2023 in Kraft ist, setzt die Schwelle sogar tiefer: «wenn sie gravierendes Fehlverhalten beschreiben oder sonstwie geeignet sind, jemandes Ruf schwerwiegend zu schädigen».
Entsprechend hätte der Beschwerdeführer zwingend angehört werden müssen, zumal er mit vollem Namen identifiziert worden ist. Dabei hätte sich herausgestellt, dass dieser einen Liegenschaftsabtausch im Wert von zwei Millionen vorgeschlagen hat, nicht eine reine Abgeltung. Dass «Medinside» nachträglich davon ausgeht, dass der Name des Beschwerdeführers überhaupt keine Role spiele, dass dieser seine Leserschaft nicht interessiere und dass nur ganz wenige Personen den Artikel überhaupt gelesen hätten, ändert nichts an der Anhörungspflicht. Dass der Name nach der Reklamation des Beschwerdeführers unverzüglich entfernt wurde, war ein begrüssenswerter, richtiger Schritt, wobei die vorgenommene Korrektur gleichzeitig hätte erwähnt werden müssen. Dennoch: Die Schilderung eines schweren Vorwurfs gegen eine klar identifizierbare Person ohne Anhörung verstösst gegen die Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) und damit gegen die Ziffer 3 der «Erklärung».
III. Feststellungen
1. Der Presserat heisst die Beschwerde teilweise gut.
2. «Medinside» hat mit dem Artikel «Eine Einsprache kommt das Spital ni Brig teuer zu stehen» gegen die Ziffer 3 (Anhören bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.
3. In den übrigen Punkten wird die Beschwerde abgewiesen.
Bern, 21. November 2023
Schweizer Presserat
Ursina Wey, Geschäftsführerin Susan Boes, Präsidentin

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